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Johannes Holfeld verbindet Herz-OP und Laborforschung

Anfang des Sommers machten Johannes Holfeld und die Univ.-Klinik für Herzchirurgie mit einem durchschlagenden Erfolg in der Stoßwellentherapie des Herzens international von sich reden. Beinahe zeitgleich wurde der vielfach ausgezeichnete Mediziner und Wissenschafter zum Professor für Translationale Herzchirurgie an der Medizinischen Universität Innsbruck berufen.

Anfang Juli wurde Johannes Holfeld zum Professor für Translationale Herzchirurgie an der Univ.-Klinik für Herzchirurgie berufen. Schon seit seinem Medizinstudium in Wien forscht Holfeld, der seit Anfang 2011 an der Med Uni Innsbruck tätig ist, an der Entwicklung der Stoßwellentherapie zur Regeneration von Herzmuskelzellen. Translational, das heißt allumfassend: von der Grundlagenforschung mit Aufklärung des Wirkmechanismus im Forschungslabor bis zum Transfer der Technologie auf den Operationstisch mit der Publikation einer klinischen Studie im European Heart Journal, die im Frühsommer 2024 international in Fachkreisen und in den Medien sehr viel Aufmerksamkeit erzeugte.

Gebündeltes Know-how auf vielen Ebenen

Was aber in keiner der mittlerweile zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema steht: Translationale Forschung bedeutet auch, regulatorische Fragen zu klären, Patente anzumelden, hohe Summen an Drittmitteln einzuwerben, ein Spin-off Unternehmen zu gründen und sich unternehmerisches Know-how anzueignen. Holfeld hat nichts davon ausgelassen, er ist den ganzen Weg gegangen und hat ein postgraduales Studium in Healthcare Management dafür absolviert. Mittlerweile ist er für rund 40 MitarbeiterInnen in Labor, Klinik und dem Unternehmen Heart Regeneration Technologies GmbH verantwortlich und ist im Laufe der Jahre mit vielen Preisen ausgezeichnet worden. Auf den geernteten Lorbeeren ausruhen will und kann er sich aber nicht: „Einerseits erreicht eine lange Reise mit einem sehr großen Erfolg ihr Ziel. Auf der anderen Seite fühlt es sich an, als wären wir gerade erst am Anfang. Jetzt wollen wir durchstarten, indem wir die neue Therapie möglichst vielen Menschen weltweit zugänglich machen.“

Er meint damit: Das Medizinprodukt auf den Markt zu bringen, multizentrische Studien in Europa und den USA anzustoßen und letztlich dafür zu sorgen, dass alle PatientInnen mit Herzschwäche von der Stoßwellentherapie profitieren können. Die Technologie, der im spin-off-Unternehmen entwickelte Stoßwellenschallkopf – klein genug und sterilisierbar, sodass man ihn direkt um das Herz bewegen kann – ist bereits marktreif. Holfeld rechnet damit, dass Anfang 2025 der Markteintritt erfolgen wird. „Die größte Herausforderung bei einer solchen Tätigkeit, aber insbesondere für eine internationale Studie ist die Finanzierung. Dafür braucht es viele, viele Millionen. Die halten uns im Moment noch davon ab, sofort zu starten, aber wir arbeiten intensiv daran“, sagt er. Das Erreichte und die damit einhergehende Anerkennung erfüllen ihn auch mit „großer Freude und sind ein klarer Auftrag, in diese Richtung weiterzuarbeiten.“

Er habe das Glück gehabt, schon als Student im Labor von Michael Grimm – der Klinikdirektor war damals noch in Wien – von Beginn an bei der Stoßwellenforschung mit dabei zu sein. „Ich habe dann sehr früh erkannt, dass es einen bedeutenden Effekt gibt und, wie stark der ist. Davon ausgehend, habe ich mich bald für die Grundlagenforschung begeistert, mit dem Ziel, die wissenschaftliche Erkenntnis an die Klinik zu bringen“, sagt Holfeld. Er kam dann 2011 nach Innsbruck, wo er die Gelegenheit bekam, das hiesige Forschungslabor weiter auf- und auszubauen. „Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mittlerweile von ihrer Diplom- und PhD-Arbeit bis hin zur Habilitation und Laufbahnstelle bei uns an die Klinik gegangen. Mittlerweile haben wir ein Austauschprogramm mit einer namhaften Forschungsinstitution in den USA, wo jedes Jahr jemand von unseren jungen Leuten hingeht und ein Wissenschaftsjahr verbringt.“ Er selbst forschte einige Monate bei Prof. Ferid Murad, der 1998 für die Mitentdeckung von Stickstoffmonoxid als relevanten Botenstoff in Blutgefäßen mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde. „Trotz der kurzen Zeit dort, haben mich seine Persönlichkeit und seine wissenschaftliche Denkweise sehr inspiriert und nachhaltig geprägt.“

Mit Hirn fürs Herz

Bei der Frage, ob in seiner Brust zwei Herzen schlagen – eines für die Laborforschung und eines für die Klinik – zögert Holfeld keine Sekunde. „Nein, nein“, sagt er, „es sind ein Herz und ein Hirn. Mein Herz ist bei der klinischen Tätigkeit. Ich mache kaum etwas so gerne, wie im Operationssaal zu stehen und eine Herzoperation durchzuführen.“ Er habe von Anfang an gewusst, dass er Chirurg werden wollte und das Herz, als zentrales Organ, das sich bewegt und schlägt, habe ihn dabei am meisten fasziniert. „Das ist eine delikate, feine Form der Chirurgie. Das war immer eine große Leidenschaft.“ Das Hirn wiederum, die translationale Wissenschaft, diene der klinischen Tätigkeit, um Therapiemöglichkeiten neu- und weiterzuentwickeln. Die ständige intellektuelle Herausforderung ist für ihn das Schönste an der Forschung. Die beiden Bereiche funktionieren völlig komplementär.

Wissenschaftliches Arbeiten, die Methodik und Herangehensweise, könne man nur in jungen Jahren erlernen. Entsprechend großen Wert legt er auf die Lehre und eine fundierte Ausbildung talentierter MedizinerInnen. Nur Wenige seien für „echte Translation“ geschaffen, ist Holfeld überzeugt. „Man muss in Klinik und Wissenschaft exzellent sein. Es braucht diese wenigen Charaktere, die visionär denken und den Spagat zwischen beiden Bereichen schaffen. Mir ist das durch einige glückliche Zufälle gelungen und ich möchte meine Erfahrungen an meine jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergeben und sie unterstützen.“ Konkret heißt das, dass alle seine MitarbeiterInnen schon im Studium als DiplomandInnen im Forschungslabor starten, dann ein dreijähriges PhD-Studium absolvieren, während dem sie Vollzeit nur im Labor arbeiten. Erst, wenn sie als GrundlagenforscherInnen „top ausgebildet sind, treten sie als Assistenzärztinnen und -ärzte in die Klinik ein und machen die Facharztausbildung. Diejenigen, die in beiden Bereichen sehr gut und der Arbeitsbelastung gewachsen sind, können irgendwann beides erfolgreich miteinander verknüpfen.“

Neue translationale Projekte im herzchirurgischen Forschungslabor

Wesentlich für den Erfolg des neuberufenen Professors war die von SkeptikerInnen vielfach eingeforderte Aufklärung des Wirkmechanismus der Stoßwellentherapie bei chronischer Herzinsuffizienz nach Herzinfarkt. Jetzt, wo das gelungen ist, möchte er die Technologie auch auf andere Indikationen am Herzen und des Rückenmarks ausweiten. „Es ist wenig bekannt, dass auch ein Aortenriss eine Querschnittlähmung zur Folge haben kann. Wir haben inzwischen schon rund 15 Fälle von PatientInnen, bei denen wir die Stoßwellentherapie am Rückenmark anwenden konnten.“ Daneben verfolgt er mit seinen KollegInnen im Labor noch weitere vielversprechende translationale Ansätze: 2023 ist es im Zuge eines PhD-Projekts gelungen, den Verkalkungsmechanismus der Aortenklappe aufzudecken. Die Arbeit wurde hochrangig in Circulation publiziert. „Der molekulare Signalweg ist sehr interessant, weil es ein grundlegender Mechanismus der Knochenbildung im menschlichen Körper ist. Jetzt kann man beginnen, Substanzen zu suchen und zu testen, um die Erkrankung in einem frühen Stadium auch medikamentös behandeln zu können“, erklärt der Wissenschafter zuversichtlich, dass es in den kommenden Jahren zu einer weiteren Translation an der Klinik kommen wird. Ein weiterer PhD-Student Holfelds hat ein Gen gefunden, das in der rechten Herzkammer hochreguliert wird, wenn sich diese von einer großen Belastung erholt. Jetzt stellen sich die ForscherInnen die Frage, ob es gelingen könnte, dieses Gen auch in der linken Herzkammer zu stimulieren, und damit einen weiteren Ansatz zur Herzregeneration zu finden. „Diese Arbeit ist noch nicht publiziert. Wir haben noch mehrere andere Projekte, die noch nicht so konkret sind, aber wo wir uns Mühe geben, noch weiteres translationales Potential zu schöpfen.“ Die Arbeit, wird dem ambitionierten Professor sicher nie ausgehen – und auch im Privatleben ist er mit viel Herzblut dabei. In der wenigen Zeit, die ihm bleibt, widmet er sich „mit Begeisterung der Familie.“

(Innsbruck, 13.August 2024, Text: T. Mair, Foto: MUI/D. Bullock)

Weitere Links:
Universitätsklinik für Herzchirurgie Innsbruck
Bericht (20.6.2024): HerzchirugInnen wecken Herzmuskelzellen aus dem Winterschlaf

 

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