Prof. Ernst Brandl-Preis 2021 geht an den Immunologen Wilfried Posch
Im Rahmen einer feierlichen Vergabesitzung im Rathaus Schwaz wurde am 27. Juni der Prof. Ernst Brandl-Preis 2021 vergeben. Glücklicher Preisträger ist Wilfried Posch. Der Experte für Infektionskrankheiten forscht am Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Innsbruck zu neuartigen Infektionskrankheiten und deren Wechselwirkungen mit dem Immunsystem.
In der nun mit dem Brandl-Preis ausgezeichneten und im Journal of Allergy and Clinical Immunology veröffentlichten Forschungsarbeit ist es Wilfried Posch mittels innovativem 3D-Zellkulturmodell gelungen, zwei Komplement-Rezeptoren als Treiber einer folgenschweren Immunreaktion nach SARS-CoV-2 Infektion zu identifizieren. Das Komplementsystem ist Teil unseres angeborenen Immunsystems. Seine Zellen und Proteine haben eine wichtige Funktion für den Schutz des Körpers vor Viren und anderen Erregern, ehe sich T Zellen und Antikörper gebildet haben. Diese Akut-Phase der Wechselwirkung zwischen Erreger und Immunsystem steht im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit des frisch gekürten Brandl-Preisträgers.
Schwere Lungenschäden bei COVID-19 sind oft die Folge einer überschießenden Immunantwort. Dieses durch einen sog. „Zytokinsturm“ ausgelöste gewebsschädigende und lebensbedrohliche Infektionsgeschehen (Hyperinflammation) wurde klinisch mehrfach beobachtet. Von Wilfried Posch konnte der Prozess nun erstmals im Labor und ohne Tierversuche belegt werden. „Das gemeinsam mit meiner Kollegin Doris Wilflingseder entwickelte hochdifferenzierte, menschliche 3D-Modell für den oberen und unteren Respirationstrakt macht es möglich, Interaktionen des neuen Coronavirus mit dem Immunsystem zu simulieren und nachzuverfolgen“, so Posch.
Mit dem Einsatz von SARS-CoV-2 als Erreger konnte Posch quasi im Live-Modus beobachten, wie Epithelzellen (Das Epithelgewebe bedeckt innere und äußere Körperoberflächen, Anm.) des Atmungstraktes bestimmte entzündungsfördernde Komplementfragmente freisetzen und so eine starke Entzündungsreaktion ausgelöst wird. In dieser Forschungsarbeit konnte Wilfried Posch zudem zeigen, dass die Komplement-Blockade mit einem bereits zugelassenen Medikament einen schweren Verlauf abwenden könnte und damit eine neue therapeutische Angriffsfläche bietet.
Der Preisträger
Wilfried Posch ist gebürtiger Kufsteiner. Er studierte Molekularbiologie an der Universität Innsbruck. Nach Forschungsaufenthalten mit Schwerpunkt Immunologie von Viruserkrankungen am University College London und am INSERM in Paris begann er seine Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck und fokussierte sich auf Wirts-Pathogen-Interaktionen unter anderem auch im 3D-Atmungstraktmodell. 2018 habilitierte er sich im Fach Immunologie und baute eine Forschungsgruppe am Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie auf. 2020 erhielt Posch eine Laufbahnprofessur für Emerging Infectious Diseases und entwickelt seitdem mit seinem Team innovative Strategien zur Untersuchung von Infektionen, wie z.B. SARS-CoV-2 oder HIV-1 unter Verwendung optimierter menschlicher Zellsysteme. Im Fokus stehen dabei die Erforschung neuartiger Infektionskrankheiten und deren Wechselwirkungen mit dem Immunsystem.
Prof. Ernst Brandl-Stiftung
Der mit 4.000 Euro dotierte Wissenschaftspreis der Prof. Ernst Brandl-Stiftung wird jährlich alternierend für Arbeiten aus dem Bereich der Medizinischen Universität Innsbruck sowie den Nachfolgefakultäten der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Leopold-Franzens Universität Innsbruck vergeben und besteht aus zwei Teilen: Der erste, wissenschaftliche Teil richtet sich vor allem an Arbeiten im Bereich der Life Sciences, die das Wohlergehen der Menschheit zum Ziel haben, einen umweltschonenden Umgang mit Ressourcen ermöglichen, die Ernährung für Menschen und Tiere sicherstellen oder die Lösung von Umweltproblemen beinhalten. Der zweite Teil des Preises wird gewöhnlich für soziale Einrichtungen vergeben. Aufgrund der Kapitalentwicklung und der gebotenen Vorsicht in der wirtschaftlichen Gebarung war eine Zuwendung heuer jedoch nicht möglich. Die Stiftung geht zurück auf den 1997 verstorbenen Prof. Ernst Brandl, der im Jahre 1952 gemeinsam mit Dr. Hans Margreiter säurestabiles Penicillin entwickelt hat, dies erst ermöglichte die Verabreichung des Antibiotikums in Form von Tabletten oder Sirup.
(30.06.2022, Text: D. Heidegger, Fotos: Stadt Schwaz)
Link zur Forschungsarbeit: