In Memoriam Georg Michael Salzer
Die Medizinische Universität Innsbruck und die Universitätsklinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie betrauern zutiefst das Ableben von Univ.-Prof. Dr. Georg Michael Salzer, langjähriger Leiter der Thoraxchirurgie an der Medizinischen Universität Innsbruck.
Georg Michael Salzer, geb. 1933, kam nach dem Medizinstudium und vorbereitender Tätigkeit an der Anatomie in Wien Anfang der 1960er Jahre nach Innsbruck, eigentlich nur mit der Absicht sich fern der Heimat unbemerkt auf die geplante chirurgische Ausbildung an der I. Chirurgischen Univ. Klinik in Wien vorzubereiten. Aus verschiedenen Gründen entschied er sich dann jedoch in Innsbruck Assistent von Prof. Paul Huber zu werden. Wesentlich war sicherlich unter anderem die gute Kollegialität, die er in Innsbruck schnell erfahren konnte. So wurde er nach seiner chirurgischen Ausbildung Zeuge und wesentlicher Mitgestalter der Entwicklung der modernen chirurgischen Universitätskliniken Innsbruck. Unter Prof. Paul Huber wurde die Chirurgie in Spezialfächer getrennt, Unfallchirurgie, Orthopädie, Nuklearmedizin, Anästhesie, Endoskopie, Blutbank und natürlich die Allgemeinchirurgie und später die Spezialbereiche (heute eigene Spezialfächer) Thoraxchirurgie, Gefäßchirurgie, Herzchirurgie sowie die Transplantationschirurgie. Als Sohn des in Wien hoch verehrten Thoraxchirurgen Prof. Georg Salzer war es für ihn eine besondere Herausforderung die Thoraxchirurgie auch in Innsbruck zu etablieren, womit er auch betraut wurde. Es gelang ihm an der damaligen II. Universitätsklinik für Chirurgie (unter der Leitung und als Vertreter von Prof. Ernst Bodner) eine weit überregional anerkannte Abteilung zu etablieren, mit wissenschaftlichen und klinischen internationalen Verbindungen und Zuweisungen für komplexe tracheobronchiale Rekonstruktionen. Darauf war unter vielem anderen auch sein wissenschaftlicher Ruf begründet. Georg Michael Salzer war jedoch nicht nur Thoraxchirurg, sondern sah sich immer auch als Allgemeinchirurg, was auch durch die fortbestehende Integration seiner „Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie“ in die damalige „Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie II“ dokumentiert wurde.
Rückblickend auf die eigene mehr als 40-jährige Tätigkeit an der Chirurgie der medizinischen Universitätsklinik Innsbruck (die Namensbezeichnungen haben sich in dieser Zeit mehrfach geändert) war meine Tätigkeit unter Prof. Salzer wegweisend für meine gesamte chirurgische Karriere. Bereits einige Monate nach Eintritt in die Universitätsklinik für Chirurgie II begann er mich durch Zuweisung verantwortlicher Tätigkeitsbereiche (z.B. Mamma Ambulanz) zu fördern, wenig später durch intensive Einbeziehung und Ausbildung in der Thoraxchirurgie. Aber auch allgemeinchirurgisch durfte ich von ihm sehr viel lernen. Er hat stets mit großer Einfühlungsgabe und Geduld assistiert und dabei eine diffizile Präparationstechnik vermittelt, aber auch gezeigt wann es angebracht ist, mit beherztem Griff großzügig voranzugehen, wenn dies notwendig ist, um Katastrophen zu vermeiden. Wie wenige andere zu dieser Zeit hat er medizinische Interdisziplinarität gelebt und dabei moderne onkologische Therapiekonzepte mitentwickelt. Es wurde somit mein wichtigster chirurgischer Lehrer, auf dessen Basis später eigene Konzepte und Techniken sowohl in der Thorax- als auch in der Herzchirurgie aufgebaut und etabliert werden konnten.
Georg Michael Salzer war aber nicht nur ein großer Chirurg, Organisator und Lehrer, sondern auch ein hochintellektueller Denker und Künstler. Wohl dadurch bedingt hat er einen Stil im Operationssaal gepflegt, in dem lautstarke Gefühlsausbrüche ungewöhnlich wurden, weil sie einer differenzierten chirurgischen Strategie und Technik hinderlich sind. Durch sein profundes anatomisches und klinisches Wissen war er auch wichtiger Unterstützer der Entwicklung moderner Bildgebung in Innsbruck und hat selbst die bronchiale und thorakale Endoskopie weiterentwickelt.
Hauskonzerte mit ihm am Flügel waren eine exquisite Besonderheit, aber auch seine Natur den Mainstream zu hinterfragen und häufig sich ihm zu widersetzen machten ihn mir für viele Jahre zu einem väterlichen Förderer und Freund.
Leider haben sich unsere Wege durch meinen damals naheliegenden Weg in die Herzchirurgie weitgehend getrennt und ich konnte seine letzten Berufsjahre bis zur Emeritierung 1998 nicht mehr unmittelbar miterleben. Zahlreiche Schüler von Georg Michael Salzer bekleiden und bekleideten leitende Funktionen in der Chirurgie im In- und Ausland.
Aus wenigen Monaten einer „chirurgischen Schnupperlehre“ im Wien fernen Innsbruck wurde schließlich eine lebenslanges Commitment zu Tirol, wo er bleibende Spuren hinterlassen hat. Mit Georg Michael Salzer verlieren wir einen der letzten Titanen der Innsbrucker Medizinischen Universität.
Ao. Univ. Prof. Dr. Ludwig Müller
(14.09.2020)