Klinische Praktika im Online-Format: (K)ein Modell für die Zukunft
Die Covid-19-Pandemie stellt die Lehre an der Medizin Uni Innsbruck vor neue Herausforderungen: Die Durchführung klinischer Praktika in der Klinik mit PatientInnen war nicht mehr möglich. Zwei Beispiele an der Univ.-Klinik für Dermatologie und an der Univ.-Klinik für Pädiatrie I zeigen, dass mit Kreativität und Engagement in kürzester Zeit neue Lernformate initiiert werden konnten. Die neuen Techniken werden die Lehre auch in Zukunft ergänzen, ein vollständiger Ersatz sind sie nicht.
„Die medizinische Ausbildung lebt von Präsenzpraktika“, erklärt der Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten Peter Loidl. „Wirklichen Kontakt mit Patientinnen und Patienten zu haben, das ist extrem wichtig und für jedes Lehrkrankenhaus unverzichtbar.“ Anfang März musste dann aber umgedacht werden. In kürzester Zeit ist in Folge des Lockdowns in vielen Bereichen von der Präsenz- auf die Onlinelehre umgeschaltet worden. Hierfür gibt es viele gute Beispiele und Vizerektor Loidl kann eine erste, durchaus positive Bilanz ziehen. „Für keinen Studierenden gab es unverschuldet eine nennenswerte Verzögerung oder Behinderung“, sagt Loidl. Der Vizerektor hat auch Umfragen unter den Studierenden veranlasst. So wurden beispielsweise alle Studierenden im 8. und 10. Semester angeschrieben, da es in diesen Studienphasen sehr wichtige Praktika gibt. „Rund 85 Prozent der Studierenden haben ihre klinischen Praktika durch Covid-19-Tätigkeiten oder Famulaturen erledigen können, lediglich knapp 15 Prozent haben noch Bedarf“ sagt Loidl. Das bedeutet, dass derzeit noch 20 bis 40 Studierende Praktika in den verschiedenen klinischen Fächern nachholen müssen. In Rücksprache mit den Kliniken wird dieser Bedarf jetzt abgearbeitet.
Auch wenn für das Wintersemester die Chance auf einen Normalbetrieb aufrecht ist, die Onlineformate werden der Lehre weiter erhalten bleiben und Raum für mehr praktische Arbeit bieten: „Die virtuellen Formate werden da und dort ergänzend beibehalten und schaffen damit vielleicht auch mehr Zeit für die praktische Arbeit, also vielleicht verbringen die Studierenden dann längere Zeit mit den PatientInnen, weil einführende Inhalte online vermittelt werden.“
Univ.-Klinik für Dermatologie: Kein Ersatz aber gute Lösung in der Krise
Zu den Best-Practice Beispielen in der Lehre während der Covid-19-Pandemie zählt das Pflichtpraktikum Dermatologie, das Studierende im neunten und zehnten Semester absolvieren. Üblicherweise verbringen die zukünftigen ÄrztInnen eine Woche geblockt an der Univ.-Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie (Direktor: Matthias Schmuth). Im Rahmen des Praktikums lernen sie die Ambulanzen kennen und besprechen ambulante und stationäre Fälle. „Bedingt durch die Covid-19-Pandemie waren allerdings unsere Spezialambulanzen geschlossen, nur mehr Notfälle wurden behandelt“, erklärt Gudrun Ratzinger, stellvertretende Direktorin der Univ.-Klinik für Dermatologie. Damit die Studierenden trotzdem ihre Praktika beenden konnten, hat das Team die Zeit genutzt und 70 virtuelle Fälle erstellt. „Wir haben ein sehr umfangreiches Bildarchiv und konnten hier in kurzer Zeit sehr anschauliches und realitätsnahes Material zusammenstellen.“ Rund 60 Studierende nutzten die Gelegenheit. Zu den Fällen mussten Fragen beantwortet und Ausarbeitungen gemacht werden. „Die Vorbereitung für die Online-Lehre war extrem aufwändig, aber zukünftig wird sie unsere Praktika ergänzen“, ist Ratzinger überzeugt. „Die Fallbeispiele sind kein Ersatz, aber in der Krise hat das Praktikum besser funktioniert, als wir angenommen haben.“
Univ.-Klinik für Pädiatrie I: Je interaktiver, desto besser
Sehr gute Erfahrungen mit den Onlineformaten haben auch die Verantwortlichen an der Univ.-Klinik für Pädiatrie I (Direktor: Thomas Müller) gemacht, berichtet Sabine Hofer, zweite stellvertretende Direktorin. Eigentlich verbringen die Studierenden im neunten oder zehnten Semester insgesamt vier Wochen an der Kinderklinik. Durch den Lockdown wurde das bereits begonnene Praktikum unterbrochen und alle Lehrenden haben daran gearbeitet, ihre klinischen Fälle als Kurzpräsentationen zusammenzufassen. In Gruppen wurden dann die Fälle präsentiert und diskutiert, dafür wurde das von der Medizin Uni Innsbruck zur Verfügung gestellte Tool „Web-ex“ genutzt. „Wir haben dann die Erfahrung gemacht, je interaktiver wir das Online-Praktikum gestalten, desto besser ist es bei den Studierenden angekommen“, resümiert Hofer. Das größte Manko sei allerdings der fehlende direkte Kontakt mit den Kindern. Die Umstellung auf ein Onlinepraktikum sei gelungen, da alle Studierenden schon zwei Wochen ihres Praktikums vor dem Lockdown im Klinikalltag absolviert hatten. Aber auch an der Univ.-Klinik für Pädiatrie werden die neuen virtuellen Formate auch zukünftig die Praktika ergänzen, denn es gäbe auch Vorteile. „Im Praktikum werden vorzugsweise jene Erkrankungen unterrichtet, die aktuell an den pädiatrischen Stationen vorkommen. Durch die Ergänzung mit virtuellen Inhalten wird unsere Bandbreite viel größer und die kleinen Patienten eher entlastet“, sagt Hofer. Ermöglicht wurde die Onlinelehre an der Univ.-Klinik für Pädiatrie I und der damit verbundene, enorme Aufwand insbesondere durch das große Engagement der Lehrenden und des Studierenden-Sekretariats.
(B. Hoffmann-Ammann)
Weitere Informationen:
Univ.-Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie