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Schwierige Entscheidungen: Medizinische Fragen am Lebensende

Der medizinisch, technische Fortschritt eröffnet völlig neue Therapiemöglichkeiten, auch am Ende des Lebens. Viele Menschen haben allerdings die große Sorge, die moderne Medizin könnte dazu führen, dass das Leben künstlich verlängert wird. Ist diese Sorge berechtigt? Mit den medizinischen Fragen am Lebensende beschäftigte sich eine Podiumsdiskussion von ALUMN-I-MED Mitte Mai.

Aus medizinischer Sicht stellen sich zum Lebensende viele Fragen, wie beispielsweise jene nach dem richtigen Maß der Behandlung. Neben rechtlichen gibt es auch ethische Aspekte, die beachtet werden müssen. Die Podiumsdiskussion von ALUMN-I-MED, der AbsolventInnenorganisation der Medizinischen Universität Innsbruck, beschäftigt sich mit den medizinischen Fragestellungen am Lebensende im Spannungsfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Der Einladung von ALUMN-I-MED Präsident Christoph Brezinka waren nicht nur zahlreiche BesucherInnen gefolgt, sondern auf dem Podium nahmen erneut renommierte ExpertInnen Platz. Neben dem Rechtsexperten Michael Ganner von der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck beleuchteten die ÄrztInnen Barbara Friesenecker, Elisabeth Zanon und Artur Wechselberger das Thema aus verschiedenen Gesichtspunkten. Die Moderation und Einführung übernahm Christoph Brezinka, der in seiner Einführung auf bekannte Fälle der letzten Jahrzehnte einging. Im Anschluss an die Impulsvorträge entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, an der auch Rektor W. Wolfgang Fleischhacker im Publikum teilnahm. „Wir sind uns als Universität unserer Verantwortung gegenüber diesem Thema sehr bewusst“, meinte Fleischhacker. „Ich bin sehr dankbar für diese Diskussion. Derzeit wird unser Curriculum zum Teil neu gestaltet und wir nehmen die Anregungen gerne auf.“

Zwischen Schutz und Autonomie
Dass es viel Diskussionsstoff zu diesem Thema gibt, zeigte Michael Ganner vom Institut für Zivilrecht der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck auf. Der Experte verdeutlichte die rechtlichen Aspekte. „Die Indikation und Zustimmung
der Patientin bzw. des Patienten ist die Grundlage jeder Behandlung. Im Zusammenhang mit dem Lebensende besteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz sowie der Autonomie der Patientinnen und Patienten.“ In der aktuellen Debatte zur Anpassung der Gesetzgebung ginge es jedenfalls darum, die Hilfestellung beim Suizid durch ÄrztInnen in bestimmten Fällen zu entkriminalisieren. „Derzeit ist jede Information zu dem Thema als rechtliche Beihilfe zum Selbstmord zu sehen“, sagte Ganner zur aktuellen Rechtslage.

Wo liegen die Grenzen der Intensivmedizin?
Die Intensivmedizinerin Barbara Friesenecker von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Allg. und Chirurgische Intensivmedizin zeigte in ihrem Kurzvortrag viele praktische Beispiele auf. In ihrem Bereich ginge es neben den Bemühungen PatientInnen zu heilen auch um die Frage wo die Grenzen der Intensivmedizin sind. „Der Hippokratische Eid verpflichtet uns dazu, unseren Patientinnen und Patienten keinen Schaden zuzufügen. Der Nicht-Beginn oder die Beendigung einer technisch möglichen Behandlung ist aber keine aktive Sterbehilfe, sondern die Nicht-Durchführung oder Nicht-Weiterführung einer für die Patientin bzw. den Patienten nicht nützlichen Intervention. Die Fortführung einer Heilbehandlung ohne Indikation oder ohne PatientInnen-Auftrag kann andererseits als Körperverletzung gewertet werden“, sagte Friesenecker. Eine Übertherapie führe dazu, das PatientInnen chronisch, kritisch krank werden. Es sei daher wichtig in diesem Bereich mehr Wissen zu haben und dementsprechend die sogenannten „End-of-life-Decisions“ und die klinische Ethik vermehrt ins Pflichtcurriculum aufzunehmen.

„Leben bis zuletzt“
Zum Hospizwesen und zur Palliativmedizin äußerte sich Elisabeth Zanon. Die niedergelassene Ärztin ist derzeit die Vorsitzende der Tiroler Hospizgemeinschaft und Universitätsratsvorsitzende der Medizinischen Universität Innsbruck. Einer der Grundwerte aller ehrenamtlichen und hauptamtlichen MitarbeiterInnen in der Tiroler Hospizgemeinschaft sei das „Leben bis zuletzt“. „Tirol nimmt eine Sonderrolle in Österreich ein, da sowohl die Palliativmedizin als auch die Hospizbewegung unter einem Dach vereint sind“, erklärte Elisabeth Zanon. In Kürze wird in Hall in Tirol das neue Hospizhaus Tirol eröffnet.  (Tag der offenen Tür 15. Juni 2018) Ein wichtiges Anliegen sei auch die Wissensvermittlung. Alle MitarbeiterInnen, auch die ehrenamtlich tätigen, würden eine Ausbildung absolvieren. Für niedergelasse und angestellte ÄrztInnen aller Fachrichtungen startet im Oktober 2018 der Lehrgang zum ÖAK-Diplom-Palliativmedizin 18/19. Die Fortbildung wird von Elisabeth Medicus, der Ärztlichen Direktorin der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft, und Walpurga Weyer von der Univ.-Klinik für Innere Medizin V (Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie) geleitet. Weitere Informationen: https://www.hospiz-tirol.at/bildung-termine/lehrgang-zum-oeaek-diplom-fuer-palliativmedizin/

Die Rolle des Hausarztes
Der Präsident der Tiroler Ärztekammer und niedergelassene Hausarzt Artur Wechselberger machte im Rahmen der Diskussion insbesondere auf die wichtige Rolle der HausärztInnen aufmerksam. „Die Aufgabe der Hausärztinnen und Hausärzte ist es am Lebensende das Betreuungsteam zu leiten und in allen Ebenen zu unterstützen. Schließlich kennen sie die  Patientinnen und Patienten oft schon jahrelang“, sagte Wechselberger. Die AllgemeinmedizinerInnen haben hier eine sehr wesentliche Funktion, die auch über die Qualität der Behandlung mitentscheidet. Wie qualitätsvoll eine Behandlung gegen Lebensende ist, hänge letztlich immer auch mit den Erwartungen der PatientInnen und ihrer Angehörigen zusammen.

 

(B. Hoffmann-Ammann)

 

Weitere Informationen:

ALUMN-I-MED

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