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em.o.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c.mult. Franz Gerstenbrand. Foto: privat.

Nachruf em.o.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c.mult. Franz Gerstenbrand

Die Medizinische Universität Innsbruck trauert um em.o.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c.mult. Franz Gerstenbrand, emeritierter Ordinarius für Neurologie und ehemaliger Vorstand der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck. In seinem Nachruf erinnert o.Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe an einen hervorragenden und beherzten Mediziner, ausgezeichneten Forscher sowie engagierten Lehrer.

Franz Gerstenbrand wurde am 06. September 1924 in Hof geboren und begann nach dem Medizinstudium seine Ausbildung zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie an der Psychiatrisch-neurologischen Universitätsklinik in Wien unter Prof. Hans Hoff. Zu jener Zeit entwickelte Gerstenbrand als einer von wenigen Neurologen seiner Zeit ein engagiertes Interesse an Diagnostik und Behandlung von schweren traumatischen und hypoxischen Hirnschäden. 1967 veröffentlichte er seine Habilitationsschrift „Das traumatische apallische Syndrom“ als Monografie im Springer-Verlag – eine Arbeit, die sich über viele Jahre als Standardwerk in der deutschsprachigen Neurologie etablieren konnte und Gerstenbrand weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt machte.

Am 1. Februar 1976 trat Franz Gerstenbrand seine Funktion als Ordinarius für Neurologie und Vorstand der Univ.-Klinik für Neurologie an der damaligen Innsbrucker Medizinischen Fakultät an. In den folgenden 18 Jahren, bis zu seiner Emeritierung im Herbst 1994, hat Franz Gerstenbrand entscheidende Grundlagen für die Etablierung der Innsbrucker Neurologie als international anerkanntes Zentrum gelegt. Zu seinen von Weitsicht geprägten Entscheidungen gehörte die Einrichtung einer auf neurologische Krankheitsbilder spezialisierte, neurologische Intensivstation, die Schaffung interdisziplinärer Strukturen für die neurologische Bildgebungsdiagnostik in Form eines damals in Österreich einzigartigen „Neuro-CT-Institutes“, aber auch die Erkenntnis, dass moderne Schlaganfallversorgung aus dem Fachgebiet der Neurologie heraus zu organisieren ist.

Franz Gerstenbrand war ein außerordentlich aktiver, klinischer Forscher, sein Schriftenverzeichnis umfasst mehr als 780 Publikationen und die Mitherausgeberschaft von 12 Textbüchern und Monografien.

Franz Gerstenbrand war ein durch und durch international denkender Mensch und erkannte in der damaligen Zeit des Kalten Krieges die dringende Erfordernis des wissenschaftlichen Austausches mit den Ländern jenseits des Eisernen Vorhangs und die zentrale Rolle, die hierbei einem Land wie Österreich zukam. So gründete er – zusammen mit anderen – im Jahre 1962 die noch heute aktive Serie der Donau-Symposien für Neurologie, die es zahlreichen FachkollegInnen aus den Ländern des damaligen Ostblocks ermöglichte, auf österreichischem Boden Austausch mit KollegInnen aus Westeuropa zu pflegen oder westeuropäische KollegInnen zu Tagungen nach Osteuropa einzuladen. Franz Gerstenbrand blieb sein ganzes Leben lang dieser Verpflichtung zu internationalem Austausch treu und war 1991 einer der federführenden Mitbegründer der European Federation of Neurological Societies (EFNS) – einer Vorläuferorganisation der heutigen European Academy of Neurology (EAN). Nicht zuletzt war Franz Gerstenbrand auch ein langjährig sehr aktives Mitglied im Vorstand der World Federation of Neurology (WFN).

Franz Gerstenbrand hat in seiner Amtszeit in Innsbruck wichtige Impulse an der Medizinischen Fakultät gesetzt, die weit über sein eigenes Fachgebiet hinausreichen. Hierzu gehören unter anderem die Begründung der ersten Ethik-Kommission und nachfolgend die langjährige Funktion des Vorsitzenden der Ethik-Kommission der Medizinischen Fakultät.

Franz Gerstenbrand erhielt in seinem langen Leben ungezählte Ehrungen – stellvertretend seien seine Ehrendoktorate (Karls-Universität Prag, Aristoteles Universität Thessaloniki, Donau-Universität Krems), sowie das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, das Ehrenzeichen des Landes Tirol, das Ehrenzeichen der Medizinischen Universität Innsbruck, das österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, die Ehrenmitgliedschaft der European Academy of Neurology und die Verleihung der Valeriy-Gagarin-Medaille der Russian Space Organization genannt.

Franz Gerstenbrand ist am 30. Juni 2017 im Alter von 92 Jahren in Wien verstorben. Unser Mitgefühl gilt seiner Witwe Gudrun Gerstenbrand und seinen Kindern.

o.Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe, Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie

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