sTANDEM: Fachsprachliche Standards in der Medizin
In der Medizin sind Sprachstandards wichtig, um Fehldiagnosen und Behandlungsfehler auszuschließen. Im Rahmen von sTANDEM, einer Initiative von medizinischen Institutionen in Europa und Japan, wurden Zertifikatsprüfungen entwickelt, anhand derer medizinische Zweitsprachenkenntnisse nach Standards überprüft werden können. Die Medizinische Universität Innsbruck ist in diesem EU-Projekt die einzige Gründungspartnerin im deutschen Sprachraum.
In Europa nimmt die berufliche Mobilität stetig zu und das betrifft auch die Medizinbranche: In Krankenhäusern wie an medizinischen Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen arbeiten immer mehr Menschen, die nicht die Landessprache als Muttersprache haben. Gerade in der Medizin ist es aber im Austausch mit KollegInnen und im Gespräch mit PatientInnen unerlässlich, dass alle die „selbe Sprache“ sprechen, denn Missverständnisse und Kommunikationspannen beispielsweise bei der Dosierung von Medikamenten könnten dramatische Folgen haben. Im Rahmen des dreijährigen EU-Projekts ‚sTANDEM‘ (2011-2014) wurde daher ein Prüfungssystem entwickelt, das es ermöglicht die berufsrelevante Kommunikationsfähigkeit in der jeweiligen Landes- oder Zielsprache nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GERS) überprüfbar zu machen. In verschiedenen Modulen wird die professionelle Kompetenz im Sprechen, Schreiben sowie im Hör- und Leseverständnis überprüft. „Die sTANDEM-Zertifikatsprüfungen sind primär auf MedizinerInnen in Ausbildung, Lehre, Klinik und Forschung ausgerichtet, die für ihre Tätigkeit in Gesundheitseinrichtungen, Krankenhäusern, und Universitäten gesicherte professionelle Kompetenzen in einer Zweitsprache benötigen. Zusätzlich wurden spezifische Prüfungsmodule für Pharmazeuten und Pflegepersonal entwickelt“, erklärt Mag. Michael Friedbichler, M.A., sTANDEM-Koordinator für den deutschsprachigen Raum. Der an der Universität Innsbruck und in den USA ausgebildete Anglist, Sprachwissenschafter, Medical Publishing Consultant und Fachbuchautor unterrichtet seit 1979 als externer Lehrbeauftragter Fachenglisch für Mediziner an der Medizinischen Universität Innsbruck.
Erste Pilottests haben bereits stattgefunden
Nach einer zweijährigen Entwicklungsphase wurden im März 2014 die ersten Pilottests in vier Ländern erfolgreich durchgeführt. In Innsbruck nahmen zwei Dutzend KandidatInnen teil und stellten ihre Fachenglischkenntnisse auf B2- oder C1-Niveau unter Beweis. Sie bestanden alle mit zum Teil ausgezeichnetem Erfolg und gehören zu den ersten in ganz Europa, die z.B. bei Auslandsfamulaturen ein standardisiertes Fachsprachenzertifikat vorweisen können. Aufgrund des weltweiten Bedarfs wird das sTANDEM-Konzept zunächst nur in der englischen Fachsprache implementiert. ‚sTANDEM‘ ist aber grundsätzlich auf alle medizinischen Fachsprachen übertragbar und wurde bereits für fünf weitere europäische Sprachen pilotiert, darunter auch Deutsch für MedizinerInnen. Bezüglich der Umsetzung eines Prüfungsstandards in deutscher Sprache gibt es bereits Gespräche mit der Universität Freiburg, wo man ‚sTANDEM.de‘ in die neu gestaltete Überprüfung professioneller Sprachkenntnisse für die akademischen Heilberufe einbinden möchte, damit sie den bundesweiten „Hamburger Eckpunkten“ für die Erteilung einer Approbation entspricht.
Die Medizinische Universität Innsbruck ist einer von insgesamt zehn Gründungspartnern im sTANDEM-Konsortium. Koordiniert wurde das EU-Projekt vom Medical College der Jagiellonian Universität in Krakau. Darüber hinaus haben 14 weitere unterstützende und 17 assoziierte Partner mitgewirkt, darunter auch einige renommierte Institutionen wie die WHO, die Mayo Clinic, das British Council und das New England Journal of Medicine.
Kostenfreie Zertifikationsprüfung am 8. November 2014 in Innsbruck
Nach den ersten erfolgreichen sTANDEM-Tests findet am 8. November 2014 an der Medizinischen Universität Innsbruck sowie an 15 Testzentren in anderen europäischen Ländern eine weitere Zertifikatsprüfung statt, die für alle KandidatInnen kostenfrei ist. Interessierte finden alle relevanten Informationen auf der Projekt-Homepage, wo sie sich ab Oktober direkt zur Prüfung anmelden können. Bezüglich anderer Anfragen steht der Projekt-Koordinator vor Ort gerne zur Verfügung (Michael.Friedbichler@i-med.ac.at).
(B. Hoffmann-Ammann)
Weitere Informationen:
- GERS