10. Weltkongress für Gebirgs- und Höhenmedizin in Bozen
Mehr als 600 NotfallmedizinerInnen, AlpinforscherInnen und BergretterInnen aus 45 Ländern nahmen Ende Mai am 10. Weltkongress für Gebirgs- und Höhenmedizin in Bozen teil. Ein Ziel der von der International Society of Mountain Medicine (ISMM) und dem EURAC Institut für Alpine Notfallmedizin organisierten Veranstaltung war es, Datensammlung, Analyse und Therapie von alpinen Unfallopfern weltweit zu vereinheitlichen und zu verbessern.
Fortschritt in der medizinischen Forschung basiert auf dem Austausch von wissenschaftlichen Ergebnissen, vor allem aber auch auf dem Erforschen von Fallstudien. Während die allgemeine Medizin auf große Datensammlungen zurückgreifen kann, steckt die noch „junge“ Alpin- und Höhenmedizin in dieser Hinsicht noch in Kinderschuhen. „Veranstaltungen wie dieser Weltkongress können entscheidend zur Weiterentwicklung eines Fachgebiets beitragen, weil sie einen direkten Austausch auf internationaler Ebene ermöglichen“, erklärten Hermann Brugger und Giacomo Strapazzon, Mediziner vom EURAC-Institut für Alpine Notfallmedizin und Organisatoren des Weltkongresses. Auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung arbeiten die Medizinische Universität Innsbruck und die EURAC im Bereich der Alpinen Notfallmedizin bereits seit mehreren Jahren erfolgreich zusammen.
Standardisierung neuer Forschungs- und Behandlungsmethoden
Auf dem Kongressprogramm standen über 250 Fachvorträge, dazu rettungstechnische Übungen und praktische Workshops Die ExpertInnen in Bozen waren sich einig, dass die bestehenden medizinischen Datensammlungen zur Höhenkrankheit und zu Bergunfällen erweitert werden sollen: Die vier bisher initiierten Register – zu Hypothermie, Höhenlungenödem, Erfrierungen und das vom EURAC-Institut eingerichtete Alpine Trauma-Register – haben bislang Fallbeispiele innerhalb festgelegter Gebiete gesammelt. Wie auf dem Kongress beschlossen, sollen die Register nun nach festgelegten Standards auf Berggebiete weltweit ausgedehnt werden. In dieselbe Kerbe schlägt das Projekt STAR (Strengthen Altitude Research), das auf dem Kongress vorgestellt wurde. Ziel des Projekts ist es, alle weltweiten Forschungszentren im Bereich der alpinen Notfallmedizin miteinander zu vernetzen. Zugleich sollen die in der allgemeinen traditionellen Notfallmedizin bereits verankerten methodologischen Standards (z.B. Utstein Style) auf den alpinen Bereich übertragen werden.
Neue Einblicke durch Know-How-Transfer
Auch für die Grundlagenforschung ist der internationale Austausch von Studienergebnissen entscheidend. In diesem Sinne stellten Forschungszentren aus der ganzen Welt auf dem Weltkongress in Bozen ihre neuesten Ergebnisse vor, etwa zur Rolle der Mitochondrien beim Auftreten der Höhenkrankheit. So auch ao.Univ.-Prof. Erich Gnaiger von der Univ.-Klinik für Viszeral-, Transplant und Thoraxchirurgie (interim. Direktor ao.Univ.-Prof. Dr.med.univ. Thomas Schmid) und Oroboros Instruments GmbH, der über Forschungsergebnisse im Schnittpunkt Hypoxie und Mitochondrien referierte. Die für den Sauerstoffverbrauch der Zelle verantwortlichen Mitochondrien spielen auch für die Akklimatisation in großer Höhe eine grundlegende Rolle. Beiträge aus der Medizinischen Universität Innsbruck in Form von Vorträgen und Workshops kamen außerdem von Doz. Dr. Peter Mair und Doz. Dr. Peter Paal MBA von der Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin (Direktor Univ.-Prof. Dr. Karl Lindner) zu Themen wie Temperaturmanagement bei hypothermen PatientInnen, Überlebenschancen von asystolen hypothermen Lawinenopfern, Behandlung von hypothermen Patienten im Herzstillstand oder Atemwegsmanagement. Dr. Gabriel Putzer, Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, hielt einen weiteren Workshop zur Mechanischen kardiopulmonalen Reanimation. Einer der beiden Hauptpreise für den besten Abstract des Weltkongresses ging zudem an Dr.in Anna Fiala, Univ.-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, für ihre Arbeit „Optimal head position for opening the upper airway in emergencies“.
Neben dem wissenschaftlichen Programm diskutierten die Kongressteilnehmer auch über internationale Richtlinien für Rettungstechniken im Gebirge.
(L.Defranceschi/D.Heidegger)
Links:
X. WORLD CONGRESS ON HIGH ALTITUDE MEDICINE AND PHYSIOLOGY & MOUNTAIN EMERGENCY MEDICINE
http://www.ismm2014.org/Pages/default.aspx
EURAC – Institut für Alpine Notfallmedizin
http://www.eurac.edu/de/research/institutes/memedicine/default.html