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David versus Goliath: Eine winzige RNA blockiert den Ribosomen Giganten

Eine kleine nicht-Protein-kodierende RNA (ncRNA) legt die zelluläre Proteinfabrik, das Ribosom, lahm. Ein Berner Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Nobert Polacek – bis vor kurzem noch an der Medizinischen Universität Innsbruck – konnte weltweit erstmals zeigen, dass kleine ncRNAs das Ribosom regulieren können.

Das Ribosom – ein Komplex aus Proteinen und RNA – ist ein Relikt aus der Urzeit des Lebens und für die Herstellung aller Proteine in allen Organismen und Zellen verantwortlich. Evolutionsbiologisch dürfte es sich um eines der ältesten Enzyme der Biologie handeln. Nahezu zwei Drittel der Gesamtenergie einer Zelle werden in die Herstellung von Ribosomen und in die Synthese neuer Proteine gesteckt.

Die zentrale Rolle des Ribosoms im Metabolismus wird auch dadurch verdeutlicht, dass ein Grossteil der bekannten Antibiotika das Ribosom angreift und hemmt. Für die Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen und die Erzeugung neuer antimikrobieller Substanzen ist das Verständnis über das Ribosom deshalb von grundlegender Bedeutung. Prof. Norbert Polacek ging mit seinem Team nun der Frage nach, ob es kleine ncRNAs (nicht codierende Ribonukleinsäure) gibt, die das Ribosom selbst regulieren. Die rezente Arbeit nahm ihren Ausgang bereits 2008 an der Medizinischen Universität Innsbruck, wo der Biologe an der Sektion Genomik und RNomik (Leiter Univ.-Prof. Alexander Hüttenhofer) des Biozentrums tätig war und gemeinsam mit KollegInnen  entscheidend dazu beitragen konnte, den molekularen Mechanismus der Proteinherstellung aufzuklären. Auch der Erstautor der aktuellen Forschungsarbeit, Andreas Pircher, arbeitete bereits in der Innsbrucker Gruppe von Prof. Polacek mit, zu der über eine PhD-Studentin noch bis Ende August 2014 eine intensive Verbindung bestehen wird.

 „Nun ist es uns gelungen, einen völlig neuen Regulationsmechanismus der Proteinbiosynthese zu identifizieren, der womöglich neue Angriffsstrategien für die Entwicklung antimikrobieller Substanzen bietet“, umschreibt Prof. Polacek die aktuellen, soeben in der internationalen Fachzeitschrift Molecular Cell veröffentlichten Forschungsergebnisse.

Kleine RNA mit grosser Wirkung

Mit kleinen regulatorischen ncRNAs beschäftigt sich ein relativ junges, doch schnell an Wissen und Popularität gewinnendes Wissenschaftsfeld. Ein Forschungsgebiet, das im Jahr 2006 auch mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin gewürdigt wurde. Auch die Sektion für Genomik und RNomik des Innsbrucker Biozentrums trägt international seit Jahren erfolgreich zur RNA-Forschung bei. Nicht-protein-kodierende RNAs (ncRNAs) gelten als Hoffnungsträger in der molekularbiologischen Forschung. In den vergangenen Jahren wurden immer mehr ncRNAs entdeckt, welche die Proteinsynthese regulieren können. Jedoch zielen viele dieser bereits beschriebenen ncRNAs auf die Matrize der Proteinproduktion, die sogenannte messenger RNA (mRNA), ab. Das Team um Prof. Norbert Polacek konnte nun hingegen zeigen, dass kleine ncRNAs auch direkt das zentrale Enzym der Proteinsynthese, das Ribosom, regulieren können. In der Bäckerhefe – die aufgrund ihrer Zellstruktur in zahlreichen Untersuchungen Verwendung findet – entdeckten die ForscherInnen eine ncRNA, die nur 18 Bausteine lang ist, aber an das um etwa 1000-fach grössere Ribosom binden und dessen Aktivität unter ganz bestimmten Wachstumsbedingungen lahmlegen kann. „Es handelt sich dabei um eine klassische David gegen Goliath Situation, die dazu führt, dass nicht nur einzelne Proteine in der Zelle reguliert werden, sondern einen globalen shut-down der Proteinfabrik bewirkt“, wie Andreas Pircher erklärt.

Wichtige molekulare Einblicke in die Vielfalt der RNA Biologie

Das Forschungsteam konnte damit ein weiteres Puzzleteil zur Vielfalt der RNA Biologie hinzufügen und einen bis dato noch nicht bekannten Mechanismus der Genexpression aufklären. Weiterführende Studien in der Gruppe um Prof. Polacek zeigen, dass solche Ribosomen-bindenden ncRNAs weit verbreitet sind und in allen drei Domänen des Lebens gefunden werden können – daher die Vermutung, dass es sich dabei um einen evolutionsbiologisch alten Regulationsmechanismus handelt. Auch human-pathogene Bakterien und Parasiten sind offensichtlich auf die Wirkung solch kleiner ncRNA Regulatoren angewiesen, was für die Entwicklung antimikrobielle Stoffe neue Angriffsziele bietet.  

(N.Polacek/D.Heidegger)

 

Links:

An mRNA-derived non-coding RNA targets and regulates the ribosome. Pircher, A., Bakowska-Zywicka, K., Schneider, L., Zywicki, M., and Polacek, N. Mol. Cell, April 2014.
http://dx.doi.org/10.1016/j.molcel.2014.02.024

Team Prof. Nobert Polacek, Dep. Für Chemie und Biochemie, Universität Bern
http://www.dcb.unibe.ch/content/forschung/forschungsgruppen/polacek/index_ger.html

Sektion für Genomik und RNomik, Biozentrum Innsbruck
http://www.rnomics.at/

 

 

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