Medizinrecht: Universitätslehrgang für ÄrztInnen und JuristInnen
Ab dem Wintersemester 2013/14 wird an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck ein berufsbegleitender Universitätslehrgang „Medizinrecht“ angeboten. Im Rahmen eines Informationsabends mit Podiumsdiskussion wurde nicht nur der Lehrgang vorgestellt, sondern auch die Notwendigkeit eines derartigen Lehrgangs erörtert.
Univ. Prof. Dr. Andreas Scheil, Strafrechtler und Mitglied der Ethikkommission der Medizinischen Universität Innsbruck, Univ.-Prof. Dr. Bernhard A. Koch, LL.M., vom Institut für Zivilrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck, Rechtsanwalt Franz Michael Petry von der Ecclesia Versicherungsdienst GmbH, Dr. Günter Atzl, Kammeramtsdirektor der Ärztekammer für Tirol, der Tiroler PatientInnenvertreter Mag. Birger Rudisch sowie Mag. Ingomar Marwieser von der TILAK widmeten sich einen Abend lang vor JuristInnen und MedizinerInnen im Publikum dem Thema Medizinrecht und vor allem dem Thema Arzthaftung.
Arzthaftung in Europa – Lehren für Österreich?
Vor allem in den Impulsreferaten von Prof. Koch und Rechtsanwalt Petry wurden die rechtlichen, aber auch die gesellschaftlichen sowie die wirtschaftlichen Schwierigkeiten rund um das Thema Arzthaftung deutlich.
Kernpunkte und zentrale Anliegen des Arzthaftungsrechtes sind nicht nur die Durchsetzung berechtigter Ansprüche von PatientInnen, sondern auch eine Stärkung von deren Vertrauen in die gesundheitliche Versorgung bei gleichzeitiger Absicherung der ÄrztInnen in ihrem beruflichen Wirken durch vorhersehbare Regeln. „In den verschiedenen Ländern Europas ist die Arzthaftung allerdings durchaus verschieden geregelt, vor allem unterscheiden sich deren Rahmenbedingungen. Daher gibt es auch kein Musterland, an dem sich andere Länder isoliert in dieser Frage orientieren können,“ resümiert Prof. Koch. So gibt es in den verschiedenen Rechtsordnungen Europas etwa keine einheitliche Versicherungspflicht. Vor allem unterscheiden sich die Haftungssysteme in ganz wesentlichen Punkten, allerdings zumeist nicht nur bei der Arzthaftung im Speziellen, sondern ganz allgemein bei Personenschäden. Dazu kommen markante Unterschiede in den Sozialversicherungssystemen und bei deren Zusammenspiel mit dem Haftungsrecht.
Rechtsanwalt Franz Michael Petry, der in der Geschäftsleitung des größten Versicherungsmaklers im Gesundheitsbereich tätig ist, beleuchtete das Thema „Arzthaftung“ anhand von Zahlen und mehreren Beispielen aus der Versicherungspraxis. So stieg die Zahl der Anspruchsstellungen von 538 Fällen im Jahr 1982 auf 13.037 im Jahr 2011. Die meisten Anspruchsfälle kommen aus der Unfallchirurgie, der Allgemeinen Chirurgie sowie der Inneren Medizin, während der mit Abstand höchste Schadensaufwand aus dem Bereich Geburtshilfe kommt. Petry erörterte auch das neue deutsche Patientenrechtegesetz, das am 20. Februar dieses Jahres in Kraft trat. Ziele dieses Gesetzes waren mehr Transparenz und eine Stärkung der Rechte der PatientInnen. Tatsächlich wurde allerdings kaum mehr als die bisherige Rechtsprechung in Gesetzesform umgegossen, so dass sich inhaltlich wenig ändern wird.
Aus ökonomischer Sicht warf Petry auch die provokante Frage auf: „Mehr Patientenrechte zum Nulltarif?“. Die Marktsituation in Deutschland hat bereits zu schmerzlichen Prämiensteigerungen sowie zur Kündigung bestehender Haftpflichtversicherungen einer Vielzahl von Krankenhäusern geführt. Zwar konnte für alle Einrichtungen eine neue Deckung erzielt werden, aber zu weitaus höheren Kosten bei gleichzeitiger Kürzung der Leistungen. Diese Mehraufwendungen belasten die Gesamtbudgets der Krankenanstalten und bedrohen so die Aufrechterhaltung der bisherigen Standards.
Universitätslehrgang Medizinrecht
Die enorme Breite des Themas „Medizinrecht“ im Allgemeinen und der Arzthaftung im Besonderen wurde nicht nur in den Impulsreferaten, sondern auch in der anschließenden Podiumsdiskussion weiter deutlich. Der Universitätslehrgang, der ab dem Wintersemsester 2013/14 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck berufsbegleitend startet, richtet sich nicht nur an JuristInnen, sondern auch an MedizinerInnen und MitarbeiterInnen von Privat- oder Sozialversicherungen, Krankenanstaltenträgern, Gebietskörperschaften, Kammern, Konsumentenberatungsstellen, Patientenvertretungen und anderen Institutionen mit Bezug zu medizinrechtlichen Fragestellungen. Der Lehrgang dauert vier Semester und wird mit dem akademischen Grad eines "Master of Laws (Medical Law)" (LL.M.) abgeschlossen.
A. Schönherr
Weitere Informationen:
http://www.uibk.ac.at/medizinrecht/