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Großer Andrang bei Podiumsdiskussion über Seuchen

Anfang November lud ALUMN-I-MED Präsident em. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Raimund Margreiter erneut zu einer Podiumsdiskussion ins Hypo Tirol Center in Innsbruck. Das brandaktuelle Thema „Von der Pest bis Ebola – hat die Medizin heute noch Antworten auf die Bedrohungen von morgen?“ fand entsprechend großes Publikumsinteresse.

Die hohe Brisanz der seit Monaten – vor allem medial präsenten - Bedrohung durch Ebola zeigte sich nicht zuletzt im bis auf den letzten Platz gefüllten Diskussions-Saal.

Schrecken des Mittelalters

Zunächst bot ein renommierter Historiker vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der TU München, Prof. Dr. phil. Kay Peter Jankrift, einen fundierten Überblick über Seuchen in der europäischen Geschichte. Die wohl bekannteste Seuche in der Geschichte der Menschheit, ist die Pest, die zwischen 1347 und 1353 von Zentralasien ausgehend sich über den gesamten Mittelmeerraum und Europa, einschließlich Island, ausbreitete. Der „Schwarze Tod“ führte zu einem Massensterben und forderte  Millionen von Opfern. In zahlreichen Städten, wie Wien und Eisenstadt, erinnern heute noch die Pestsäulen und in Innsbruck auch der Pestfriedhof an diese Bedrohung. Wobei zum damaligen Zeitpunkt alle Phänomene von Massensterben unter dem Begriff „Pestilenzen“ zusammengefasst wurden. Bis 1600 gab es rund 30-40 Ausbrüche, wobei einige Regionen aus ungeklärter Ursache „pestfrei“ blieben.  Die Entdecker des Pesterregers waren 1894 Dr. Shibasaburo Kitasato und Dr. Alexandre Yersin, nach letzterem wurde der Erreger „Yersinia Pestis“  genannt. Der Nachweis des agressiveren, mittelalterlichen Erregertyps „Yersinia pestis medievalis“ gelang erst 1999.

Andere, schwere Infektionskrankheiten aus vergangenen Tagen sind der so genannte „Blutgang“, die Rote Ruhr und Cholera - Magen-Darm-Erkrankungen mit meist tödlichem Ausgang. Auch die Spanische Grippe, bei deren Erreger es sich um eine Kombinationsvariante des Influenzavirus handelt, forderte zwischen 1918 und 1920 geschätzte 25-50 Millionen Todesopfer. Interessanterweise gibt es auch wenig bekannte Infektionskrankheiten, wie den „Englischen Schweiß“, der 1529 in ganz Mitteleuropa und nochmals 1553 auftrat und dann spurlos verschwand.

Bedrohungen heute

Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss, Direktor der Univ.-Klinik für Innere Medizin VI bot einen umfassenden Überblick über Infektionskrankheiten, die heute noch von Bedeutung sind und jederzeit zur (globalen) Bedrohung werden können. 30-35 % aller Todesfälle sind auch heute noch auf Infektionen zurückzuführen, die ein weites klinisches Spektrum umfassen. Nicht nur Ebola, sondern auch Lassa, Marburg, Dengue oder Rift Valley zählen  als sogennaten  virale hämorrhagischen Fiebertypen zu Infektionen, die immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Ebola gibt es nicht erst seit 2014. Seit 1976 ist Ebola mehrmals in Zentral- Afrika aufgetreten. Die Inkubationszeit beträgt 2-21 Tage. Die Symptome sind unspezifisch und umfassen Fieber, Myalgien und Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.. In Europa rüstet man sich seit Monaten mit Know-how und entsprechenden Isolationsmaßnahmen für den Ernstfall. Prof. Weiss hat in seinem Vortrag allerdings eindringlich dargestellt, dass es unzählige Infektionskrankheiten gibt, die pandemisch werden können. Dabei stellen die zahlreichen Influenzasubtypen bzw. die Tatsache, dass sich Viren ständig verändern, eine große Herausforderung für die Medizin dar. Man erinnere sich nur an die Ausbrücke von SARS (severe acute respiratory syndrome) 2003, Schweinegrippe 2010 und MERS (middle east respiratory syndorme) 2013. Auch weniger bekannte, moderne Virusinfektionen, wie West Nile Virus, Usutu und Chikungunya-Virus haben sich in den letzten Jahren in einigen Regionen der Welt ausgebreitet.

Erschreckend sei auch das zunehmende (Wieder-)Auftreten von schon für ausgerottet erklärten Infektionskrankheiten, wie Masern, Keuchheusten und Kinderlähmung. In diesem Zusammenhang appellierte Weiss an die Ärzteschaft, Vorbildwirkung bei der Impfmoral zu leisten. Ärzte könnten sich vor allem auch durch Knowhow in Infektiologie, geeignete Isolations- und Traininingsmaßnahmen schützen. Eine Prognose bezüglich der weiteren Ausbreitung von Ebola ist laut Weiss „sehr schwer“, allerdings hat in Nigeria ein konsequentes Barrieresystem geholfen, die Krankheit einzudämmen“.

Rege Diskussion entbrannt

In der anschließenden Diskussion stellte man sich auch die Frage, welche Kriterien zu einer raschen Entwicklung eines Impfstoffes gegen bestimmte Infektionen führen und ob man sich hierbei alleine auf die Pharmaindustrie verlassen solle. Die akademische Gesellschaft und diverse Non profit Organisationen seien hier gefordert, unabhängig von finanziellen Interessen, intensiv zu forschen, meinte beispielsweise Prof. Grunicke. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika basierend auf Spezialwissen und vermehrter Heranbildung von ExpertInnen in Infektiologie zur Vermeidung von (Multi-) Resistenzen sowie ein politisches Umdenken bei den derzeit teuren Zulassungsverfahren sei ebenso erstrebenswert.

(P.Paur)

Links:

ALUMN-I-MED
https://www.i-med.ac.at/alumn-i-med/

 

 

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