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Bessere Diagnose und Prognosemöglichkeiten für PatientInnen mit angeborenen Durchfallerkrankung MVID. Prof. Lukas Huber,Dr. Andreas Entenmann, Prof. Thomas Müller, Dr. Simon Straub, Schwester Manuela Stern mit einem jungen Patienten. (v. li.) (Foto: MUI)

Neue Ursache für angeborene, seltene Durchfallerkrankung entdeckt

Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Medizinischen Universität Innsbruck konnte in Kooperation mit dem Universitätsmedizinischen Centrum Utrecht, dem Sick Kids Hospital in Toronto sowie der Kinderklinik Mannheim eine neue Form der Mikrovillus Einschlusserkrankung (MVID) entdeckt werden. Die Forschungsergebnisse ermögliche eine Diagnose und Prognosebeurteilung mittels genetischer Testung und bieten darüber hinaus die Basis für weitere Therapiestudien.

Die angeborene MVID ist eine schwerwiegende Durchfallerkrankung, die dazu führt, dass Flüssigkeit und Nährstoffe nicht ausreichend über den Darm aufgenommen werden können. Bei den Betroffenen ist der oberflächenvergrößernde Bürstensaum im Darm (sog. Mikrovilli) möglicherweise entweder schon bei der Geburt nicht vorhanden oder geht in den ersten Lebenswochen verloren. „Wenn man die gesamte Fläche des menschlichen Darms ausbreiten würde, hätte diese Fläche die Größe eines Fußballfeldes. Bei Patientinnen und Patienten mit MVID ist diese Fläche um den Faktor 40 kleiner“, veranschaulicht ao.Univ.-Prof. Dr. Thomas Müller (Univ.-Klinik für Pädiatrie I) die gravierenden Folgen dieser angeborenen Erkrankung. Durch die aktuelle Forschungsarbeit konnte jetzt erstmals das Protein Syntaxin 3 als Auslöser für eine seltene Unterform der angeborenen MVID ausgemacht werden. Die Erkenntnisse sind in der Juli Ausgabe der Fachzeitschrift „Gastroenterology“ veröffentlicht worden. Federführend beteiligt an der internationalen Forschungsarbeit, auf die auch auf dem Cover und in einem ausführlichen Editorial der renommierten Fachzeitschrift hingewiesen wird, war ein Innsbrucker ForscherInnenteam um ao.Univ.-Prof. Dr. Thomas Müller (Pädiatrie I), Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Andreas Robert Janecke (Pädiatrie I, Sektion für Humangenetik), ao. Univ. Prof. Dr. Michael Hess  (Sektion für Histologie und Embryologie) und Univ.-Prof. Dr. Lukas Huber (Sektion für Zellbiologie). Zukünftig ermöglichen die Erkenntnisse eine raschere Diagnose und bessere Prognosebeurteilung mittels genetischer Testung.

Führendes Referenzzentrum für MVID
In Innsbruck werden bereits seit 2008 Proben aus der ganzen Welt mit Verdacht auf MVID getestet. Die Medizinische Universität Innsbruck gilt als einer der führenden Zentren für die Diagnose und Erforschung von MVID, da es den Innsbrucker WissenschafterInnen erstmals gelungen war, das Motorprotein MY05b als erste mögliche Ursache für MVID zu identifizieren. Bei den Analysen hat sich allerdings gezeigt, dass die Gewebeproben bei einigen PatientInnen auf Grund des fehlenden Bürstensaums auf MVID hinweisen, allerdings im Gentest keine MYO5b-Mutation nachgewiesen werden konnte. „Daher haben wir nach einer weiteren Ursache im Rahmen eines von der Österreichischen Nationalbank geförderten Forschungsprojekt gesucht und mit dem Protein Syntaxin 3 gefunden“, erklärte Univ.-Prof. Müller.

Therapiemöglichkeiten können jetzt erforscht werden
Derzeit ist die Erkrankung nicht heilbar. Als mögliche Behandlungsmethoden stehen nur lebenslange Infusionen oder eine Darmtransplantation zur Verfügung. Allerdings können auf Basis der neuen Forschungserkenntnisse, erstmals neue Therapiestudien durchgeführt werden. Im Labor von Univ.-Prof. Dr. Lukas Huber, Direktor der Sektion für Zellbiologie am Biozentrum Innsbruck, gelungen ein Zellmodell der Erkrankung nachzustellen. Darüber hinaus wurden so genannte Organoide vom Darm gezüchtet.  „Das bedeutet aus den Gewebeproben der Betroffenen haben wir quasi einen drei-dimensionalen Minidarm im Reagenzglas kultiviert“, erklärt Univ.-Prof. Müller. Mit Hilfe des Zellmodells und der Organoide können dann in Zukunft im Labor von Univ.-Prof. Huber neue Therapiemöglichkeiten getestet werden. Einerseits kann untersucht werden, ob sich möglicherweise bekannte, bereits zugelassene Pharmaka positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken. Andererseits kann eine mögliche Gentherapie im Reagenzglas erforscht werden. Dabei werden mit Hilfe von zum Beispiel Viren funktionsfähige Gene in menschliche Zellen transportiert. Dadurch könnte unter Umständen in Zukunft eine ursächliche Behandlung ermöglicht werden. Derzeit gibt es weltweit rund 1.000 PatientInnen mit der Diagnose MVID.

(B. Hoffmann)

Publikation:

"Loss of syntaxin 3 causes variant microvillus inclusion disease."

AutorInnen: Wiegerinck CL., Janecke AR., Schneeberger K., Vogel GF., van Haaften-Visser DY., Escher JC., Adam R., Thöni CE., Pfaller K., Jordan AJ., Weis CA., Nijman IJ., Monroe GR., van Hasselt PM., Cutz E., Klumperman J., Clevers H., Nieuwenhuis EE., Houwen RH., van Haaften G., Hess MW., Huber LA., Stapelbroek JM., Müller T. AND Middendorp S.

Gastroenterology. 2014 Jul;147(1):65-68.e10.

 

Weitere Informationen:

-          Biozentrum Innsbruck: http://biocenter.i-med.ac.at/

-          Univ.-Klinik für Pädiatrie I: http://kinderzentrum.uki.at/page.cfm?vpath=paediatrie-i

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