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Morbus Crohn: Identifikation krankheitsrelevanter Zellen eröffnet neue Therapiezugänge

WissenschafterInnen der Universitäten Cambridge und Harvard berichten von der Identifikation einer spezialisierten Darmepithelzelle als Ausgangspunkt der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn und daraus resultierenden innovativen und effektiveren Zugängen zur Therapie. Das Wissenschaftsmagazin Nature berichtet von diesen Forschungsarbeiten, die unter anderem auch an der Medizinischen Universität Innsbruck durchgeführt wurden.

An der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn leiden in Europa rund 1,6 Millionen Menschen, 27.000 davon leben in Österreich. Nun ist es einem internationalen Forscherteam gelungen, einen zentralen Auslöser dieser behandel-, aber nicht heilbaren Krankheit aufzuklären, die sich klinisch durch krampfartige Bauchschmerzen, chronischen Durchfall, Gewichtsverlust, sowie Fistel- und Abszeßbildung präsentiert.

Paneth Zellen als Ausgangspunkt

Den Studienergebnissen zufolge nimmt der Morbus Crohn des Dünndarms seinen Ausgang von Paneth Zellen - spezialisierten Darmepithelzellen, die vom österreichischen Physiologen Josef Paneth im Jahre 1887 erstmals beschrieben wurden. Die Grundlage dieses Entstehungsmechanismus bildet eine in dieser Zelle stattfindende Gen - Gen Interaktion, die zwei fundamentale biologische Funktionen betrifft, nämlich ER (endoplasmatisches Retikulum) Stress und Autophagie. Autophagie ist ein Mechanismus, in dem Zell-Bestandteile, abgebaut werden, und der so zum Gleichgewicht zwischen der Produktion neuer und dem Abbau alter Zellbestandteile beiträgt. Stress im ER, einem weit verzweigten Membran-Netzwerk, das als Proteinproduktionsstelle der Zelle fungiert, ist eine Folge von Fehlfaltung von Eiweißen und findet sich sehr häufig im Darmepithel bei Morbus Crohn.

Relevante Erkenntnisse für personalisierte Therapie

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass Autophagie die zelluläre Antwort auf ER Stress in Paneth Zellen reguliert, vermutlich indem ‚entzündliche’ ER Membranen abgebaut werden, die durch Ansammlung mißgefalteter Eiweiße ‚entzündlich‘ wurden. Genetische Defekte in Autophagie und in der ER Stress Antwort, die sich in Paneth Zellen manifestieren, können demnach im Zusammenwirken mit weitgehend unbekannten Umweltfaktoren zu Morbus Crohn führen“, berichtet Arthur Kaser, der bis 2010 an der Universitätsklinik für Innere Medizin II der Medizinischen Universität Innsbruck tätig war und mit 2011 als Professor für Gastroenterologie und Leiter der Division für Gastroenterologie und Hepatologie an die Universität Cambridge berufen wurde. Richard Blumberg von der Harvard University in den USA und Arthur Kaser waren gemeinsam Studienleiter dieser internationalen Zusammenarbeit, bei der auch ForscherInnen aus Kiel eine wesentliche Rolle spielten. Dem Team gelang zudem der Nachweis, dass  die Interaktion zwischen Autophagie und ER Stress therapeutisch modifiziert werden kann. „Mit sogenannten, ursprünglich für die Transplantationsmedizin entwickelten, mTOR-Inhibitoren (z.B. Rapamycin) konnten wir eine deutliche therapeutische Wirkung in unserem Modell nachweisen. Ein ähnliches Medikament wurde bereits im Rahmen von klinischen Studien bei Morbus Crohn getestet, allerdings erfolglos. Unsere Daten deuten darauf hin, dass es aber tatsächlich wirksam sein könnte, aber eben nur wenn es bei einer spezifischen, molekular definierten Untergruppe von PatientInnen eingesetzt wird. Das könnte ein gutes Beispiel für personalisierte Medizin werden“, erklärt Kaser.

Forschungsgruppe früher in Innsbruck tätig

Zwei der Erstautoren der Studie, Timon Erik Adolph und Lukas Niederreiter, haben an der Medizinischen Universität Innsbruck studiert und bereits während des Studiums in Kasers Arbeitsgruppe geforscht. Nach Abschluß ihres Medizinstudiums sind sie mit ihm an die Universität Cambridge nach England übersiedelt, wo sie affiliiert mit Trinity Hall und Wolfson College ihr PhD Studium betreiben. Im Moment plant Timon Adolph nach Abschluß seines PhD Studiums nach Innsbruck zurückzukehren und neben einer klinischen Ausbildung weiter an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zu forschen.

Die Studie wurde unter anderem durch einen START Preis (2009) des FWF und BMWF, und einen ERC Starting Grant (2010) des European Research Councils - beide gingen an Arthur Kaser - unterstützt. Auch sein ‚letzter’ noch in Innsbruck tätiger Mitarbeiter, Markus Tschurtschenthaler, der ebenfalls Autor der Studie ist, wird im Winter nach Cambridge übersiedeln und dort sein PhD Studium fortsetzen.

(D. Heidegger)

 

Links:

Paneth cells as a site of origin for intestinal inflammation. Adolph TE†, Tomczak MF†, Niederreiter L†, Ko HJ†, Böck J, Martinez-Naves E, Glickman JN, Tschurtschenthaler M, Hartwig J, Hosomi S, Flak MB, Cusick JL, Kohno K, Iwawaki T, Billmann-Born S, Raine T, Bharti R, Lucius R, Kweon MN, Marciniak SJ, Choi A, Hagen SJ, Schreiber S, Rosenstiel P, Kaser A*, Blumberg RS*, Nature. 2013 Oct 2. doi: 10.1038/nature12599 [Epub ahead of print] † shared first authors, * shared senior and communicating authors
http://dx.doi.org/10.1038/nature12599

Arbeitsgruppe Prof. Kaser
http://www.med.cam.ac.uk/kaser/
http://www.immunology.cam.ac.uk/directory/kaser

University of Cambridge, Department of Medicine
http://www.med.cam.ac.uk/

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