Wissenschaft und Wirtschaft in Tirol bewerben sich um gemeinsames Altersforschungsprojekt
Die meisten Menschen sehen dem Altwerden mit Sorge entgegen, auch wenn der letzte Lebensabschnitt noch sehr erfüllend sein kann. Damit immer mehr Menschen körperlich und seelisch gesund altern, müssen heute schon die gesellschaftlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Deshalb macht Tirol die Altersforschung zu einem thematischen Schwerpunkt in Wissenschaft, Wirtschaft, Gesundheits- und Versorgungssystemen.
Derzeit formieren sich Firmen und ForscherInnen, um ein gemeinsames Projekt zum Altern des Gefäßsystems auf den Weg zu bringen. Unter dem Namen VASCage - Research Center on Vascular Aging wird sich ein Tiroler Konsortium Ende März um ein K-Projekt bewerben. Dazu trafen sich vergangenen Freitag alle Beteiligten im Beisein von Vertretern der Landesregierung im Landhaus, um gemeinsam den Endspurt im Rennen um die Genehmigung anzutreten.
Wissenschaftliche Leitung unter Innsbrucker Neurologen
K-Projekte werden von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) des Bundes vergeben. Die Finanzierung kommt zu etwa der Hälfte von der Industrie, zu rund 45 Prozent von Bund und Land, und die restlichen fünf Prozent steuern die Wissenschaftspartner bei. Pro Jahr stehen insgesamt bis zu 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Wird das Projekt bewilligt, kann es voraussichtlich Anfang 2013 starten und maximal vier Jahre laufen. VASCage wird wissenschaftlich von Univ.-Prof. Johann Willeit und Univ.-Prof. Stefan Kiechl geleitet werden, die beide an der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck forschen. Weitere Wissenschaftspartner aus Nord- und Südtirol werden sich beteiligen sowie eine größere Anzahl Firmenpartner aus Tirol und auswärts. Das Projekt wird von der Tiroler Forschungsmanagement-Firma CEMIT entwickelt und vorangetrieben.
Ein Großteil der altersbedingten Krankheiten hängt mit Durchblutungsstörungen der Gefäße zusammen. Die Arteriosklerose, auch bekannt als „Gefäßverkalkung“, kann Herzinfarkt und Schlaganfall auslösen und zum Verschluss der Blutgefäße in den Beinen führen. Die von der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit Betroffenen können wegen der Schmerzen nur noch kurze Strecken gehen, und es kann sogar eine Amputation nötig werden. Die Gefäße zu schonen und zu schützen ist daher eine der wichtigsten Voraussetzungen, um gesund alt zu werden.
Die Forschungsprojekte von VASCage gliedern sich in drei Teilbereiche.
- Der erste Bereich wird sich mit den Mechanismen der Entstehung von Gefäßkrankheiten befassen. Hier werden grundlegende biochemische und molekulare Vorgänge in und zwischen den Zellen der Gefäßwand aufgeklärt, um daraus neuartige Behandlungsansätze für die Wiederdurchblutung von Organen und die Neubildung von Gefäßen zu entwickeln.
- Im zweiten Bereich stehen die klinische Forschung, sowie die praktische Versorgung und Rehabilitation der Patienten im Vordergrund. Ein Projekt wird sich beispielsweise dem Krankheitsmanagement nach Schlaganfall widmen. Ein elektronischer Schlaganfall-Ausweis soll dazu beitragen, dass keine Informationen zwischen Klinik, HausärztInnen, Pflegekräften und Angehörigen verloren gehen. Mit seiner Hilfe wird dafür gesorgt, dass Komplikationen frühzeitig erkannt werden, die Nachbehandlung gemäß aktueller medizinischer Leitlinien stattfindet und an die individuellen Bedürfnisse der PatientInnen angepasst wird. Neue Geräte für spezielle Formen der Rehabilitation und Pflege während des stationären Klinikaufenthalts und für zu Hause werden entwickelt. Ein weiteres Projekt erforscht neue diagnostische und therapeutische Wege bei Herzpatienten wie auch bei Patienten mit Erkrankungen der Hauptschlagader und der Beingefäße.
- Der dritte Bereich von VASCage widmet sich der Vorbeugung, der Aufklärung über die Risikofaktoren und der Früherkennung. In diesem Bereich soll unter anderem die sehr erfolgreiche Bruneck-Studie auf alle über 70jährigen BruneckerInnen ausgeweitet werden. Bei der Studie werden Gesundheitsdaten der Brunecker BürgerInnen über lange Zeiträume erfasst und ausgewertet, um Informationen über Erkrankungen, Behinderung und Lebensqualität des älteren Menschen zu erhalten. Dieses wichtige Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus Bruneck und dem Südtiroler Sanitätsbetrieb abgewickelt. Ein weiteres Präventionsprojekt setzt ganz gezielt bei Jugendlichen an: Sie werden medizinisch untersucht, individuelle Risikofaktoren werden erhoben und ein maßgeschneidertes Vorsorge- und Trainingsprogramm wird für jeden Studienteilnehmer entwickelt – und dessen Vorbeugewirkung wird wissenschaftlich untersucht.
Die zuständigen Mitglieder der Tiroler Landesregierung sind von dem Vorhaben sehr angetan und sicherten dem Konsortium bei der heutigen Veranstaltung ihre Unterstützung zu: „Die Gesundheitsversorgung der immer größer werdenden Gruppe der Älteren ist eine große Herausforderung im Bereich Gesundheit-Medizin-Pflege, der wir unter anderem durch gezielte Altersforschung begegnen können“, sagte der Landesrat für Gesundheit und Wissenschaft, Bernhard Tilg. Die Landesrätin für Wirtschaft, Patrizia Zoller-Frischauf, ergänzte: „Die aktive Beteiligung der Industrie, insbesondere unserer Tiroler Unternehmen, sorgt dafür, dass diese Forschung auch zeitnah beim Patienten ankommt.
(ch)
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