Bisher unbekannte Immunzelle gibt neue Hoffnung im Kampf gegen Sepsis
Einem Forschungsteam der Harvard Medical School in Boston (USA) und der Medizinischen Universität Innsbruck gelang kürzlich die Entdeckung einer bisher unbekannten Immunzelle, die vielversprechende Therapieoptionen bei Sepsis, einer lebensbedrohlichen Immunreaktion, erwarten lässt. Die neuen Erkenntnisse wurden im renommierten Fachjournal „Science“ publiziert.
Als komplexe, überschießende Entzündungsreaktion des Organismus auf eine Infektion gilt die Sepsis bis heute als immunologisches Rätsel. Das klinische Bild der Sepsis resultiert einerseits aus einer Unfähigkeit des Immunsystems, die Infektion zu kontrollieren und zum anderen aus den durch die Abwehrzellen verursachten Schäden vor allem an Blutgefäßen. „Heutzutage gilt es als therapeutisches Ziel, die Balance zwischen Infektions- und Inflammationskontrolle zu halten“, weiß Priv.-Doz. Igor Theurl aus dem Labor für Molekulare Infektiologie und Immunologie (Leitung Univ.-Prof. Günter Weiss) an der Inneren Medizin I, der zur Zeit für einen Forschungsaufenthalt an der Harvard Medical School in Boston weilt, wo die neue relevante Rolle der B-Zelle in der Koordination der Immunantwort im Labor von Prof. Filip Swirski entlarvt wurde.
Überraschende Entdeckung in der Immunabwehr
Die einzigartige Fähigkeit der neuen Immunzelle, auf einen bakteriellen Reiz mit der Produktion von GM-CSF - einem Botenstoff, der wiederum andere Immunzellen stimulieren kann - zu reagieren, überraschte selbst das amerikanisch-tirolerische Forscherteam, da GM-CSF normalerweise nur von Zellen des angeborenen, unspezifischen Immunsystems gebildet wird, B-Zellen jedoch Teil der adaptiven Abwehr sind. „Da diese B-Zelle durch ihre Reaktion andere Zellen der unspezifischen, also angeborenen, Abwehr anlockt, nannten wir sie "Innate-Response-Activator-B-Zelle", kurz IRA-B-Zelle“, erklärt Theurl.Die Aktivierung dieser neuen Zelle scheint dabei über so genannte Toll Like Rezeptoren (spezielle Rezeptoren, die krankmachende Mikroorganismen erkennen, für deren Entdeckung erst letztes Jahr der Nobelpreis vergeben wurde) zu laufen.
Neue Therapieoption bei Sepsis
In der neuen Studie nahm Dr. Theurl mit seinen US-Kollegen aus dem Labor von Prof. Filip Swirski die Rolle der IRA-B-Zellen auch in Bezug auf die mikrobielle Sepsis unter die Lupe. Dazu entwickelte das Team verschiedene Tiermodelle, in denen GM-CSF produzierende B-Zellen ausgeschaltet waren. „Wir konnten zeigen“, so der Immunologe Theurl, „dass die Überlebenschancen in diesen Mäusen signifikant verringert waren. Die neue B-Zelle scheint also eine bisher nicht erkannte, aber wichtige Rolle zu spielen“. Da die ForscherInnen diese Zellen auch im Menschen nachweisen konnten, ergeben sich für die Sepsis neue potentielle Therapieoptionen. "Nachdem die IRA-B-Zelle eine wichtige Koordinationsrolle dabei spielt, die Krankheit in einem Ausmaß zu bekämpfen, das den Körper nicht zu sehr schädigt, also den erwünschten Ausgleich zwischen Infektions- und Inflammationkontrolle begünstigt, könnte die Sepsis so gezielt behandelt werden", blickt Theurl auf künftige Strategien, die lebensbedrohende Immunreaktion einzudämmen.
(dh)
Links:
Innate Response Activator B Cells Protect Against Microbial Sepsis. Rauch PJ, Chudnovskiy A, Robbins CS, Weber GF, Etzrodt M, Hilgendorf I, Tiglao E, Figueiredo JL, Iwamoto Y, Theurl I, Gorbatov R, Waring MT, Chicoine AT, Mouded M, Pittet MJ, Nahrendorf M, Weissleder R, Swirski FK. Science. 2012 Jan 12. [Epub ahead of print]
Univ.-Klinik für Innere Medizin I
Laborbereich für Molekulare Infektiologie und Immunologie
Harvard Medical School
Lab Filip Sirski
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