Hoffnung auf Therapieverbesserungen bei der Behandlung metastasierender Melanome
Anfang Januar fand an der Innsbrucker Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie der 76. Alpenländische DermatologInnen Nachmittag statt. Das Thema lautete diesmal „Fokus Melanom“. Als Gastreferent hielt der international renommierte Experte der Dermaonkologie, Prof. Axel Hauschild, einen Vortrag über vielversprechende Entwicklungen in der Melanombehandlung. Erstmals seit rund 30 Jahren gibt es die Hoffnung auf Therapieverbesserungen bei metastasierenden Melanomen.
Das maligne Melanom ist der aggressivste Tumor der Haut, weil er schon bei relativ kleiner Tumorgröße metastasiert, also Tochtergeschwülste in anderen Körperregionen bildet. Die Früherkennung spielt deshalb bei dieser Krebsform eine besonders große Rolle. „Es gibt zwar mehr Melanome denn je, aber sie werden heutzutage früher erkannt, oft noch im heilbaren Stadium, wenn eine Operation genügt“, erklärt der Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Univ.-Prof. Dr. Matthias Schmuth. „Wenn es jedoch zu einer Metastasierung kommt, ist die Erkrankung sehr ernst zu nehmen. Bisher war die Ansprechrate auf Therapien im Stadium der Metastasierung beim Melanom sehr schlecht, denn es konnten wenige Angriffspunkte für gezielte Medikamente gefunden werden. Erste Forschungsergebnisse zur Biologie des Melanoms haben zuletzt aber erhebliche Verbesserungen hervorgebracht.“ Dementsprechend groß ist das Interesse der MedizinerInnen an diesen neuen Entwicklungen, die im Rahmen des „76. Alpenländischen DermatologInnen Nachmittags“ in Innsbruck diskutiert wurden. Mit rund 60 TeilnehmerInnen war der Hörsaal der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie bis auf den letzten Platz besetzt. Nicht nur DermatologInnen, sondern auch VertreterInnen anderer Fachdisziplinen (Augenheilkunde, Hämatologie, Strahlentherapie, Kieferchirurgie, Plastische Chirurgie, Neurologie u. a.), wollten den Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Axel Hauschild aus Kiel hören.
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen
Zu Beginn seines Referates ging Prof. Hauschild auf die hohe Bedeutung entsprechender Vorsorgekampagnen ein. In Schleswig-Holstein (D) sind diese Bemühungen besonders erfolgreich: Dort liegt die Mortalitätsrate an malignen Melanomen rund 50 Prozent unter dem deutschen Durchschnitt. Insbesondere gilt es auch Männer von regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen zu überzeugen: Da deutlich weniger Männer diese Möglichkeit nutzen, ist die Sterberate bei ihnen viermal so hoch wie bei Frauen.
Licht am Ende des Tunnels: Neues Medikament steht vor Zulassung
Im zweiten Teil seines Vortrages erläuterte der Experte aus Kiel die neuesten Erkenntnisse zur Biologie des Melanoms. Durch neue Analysen ist es möglich, bestimmte Marker zu eruieren, die genauere Hinweise darauf geben, auf welche Therapie PatientInnen ansprechen. Prof. Hauschild machte deutlich, dass es ohne eine entsprechende Testung in Zukunft keine Therapie mehr geben wird. Ein Ansatzpunkt bei der modernen Melanomtherapie ist beispielsweise der Faktor „BRAF“ in den Melanomzellen, der durch eine Genmutation zu unkontrolliertem Wachstum führt. In den letzten Jahren gab es mehrere Studien mit BRAF-Inhibitoren. Ein Ergebnis dieser intensiven Grundlagenforschung ist das Medikament Zelboraf (Vemurafenib), das in Kürze auch in Österreich und Deutschland auf den Markt kommen wird. In den USA ist es bereits seit Mitte letzten Jahres zugelassen. „Das ist wirklich ein Licht am Ende des Tunnels“, meinte Prof. Hauschild. Voraussetzung für eine Behandlung ist das Vorliegen einer BRAF-V600E-Mutation. Zelboraf hemmt einige mutierte Formen des BRAF-Proteins, die bei rund der Hälfte aller Fälle von Melanomerkrankungen zu finden sind. 80 Prozent der PatientInnen, die mit dem Medikament behandelt werden, erleben einen Rückgang oder eine Stabilisierung der Erkrankung. Das belegte unter anderem die weltweite randomisierte, multizentrische Phase-III-Studie „BRIM 3“. Dabei wurde Zelboraf mit einer Dacarbazin-Chemotherapie, einer Standardtherapie, verglichen. An der Studie nahmen 675 Patienten mit nicht vorbehandelter BRAF-V600E-Mutation teil. Die guten Ergebnisse bei den mit Zelboraf behandelten StudienteilnehmerInnen führten zu einer breiten Diskussion über die gesetzlichen und ethischen Rahmenbedingungen einer solchen randomisierten Studie in den USA, bei der nach dem Zufallsprinzip PatientInnen für die Behandlung nach der konventionelle Methode und mit dem neuen Medikament ausgewählt wurden. In der New York Times wurde über zwei Cousins berichtet, die beide an dieser Studie teilgenommen haben, aber auf beide PatientInnengruppen aufgeteilt waren. (Link siehe unten)
Heilung in Zukunft möglich?
Trotz der guten Ergebnisse des Medikaments ging Prof. Hauschild ausführlich auch auf die Nebenwirkungen und Probleme ein. So können bei der der Therapie unter anderem Plattenepithelkarzinome der Haut auftreten. Außerdem ist der Effekt der Behandlung noch nicht dauerhaft und es kann zu Resistenzen kommen. „Daran wird durch die Kombination verschiedener Medikamente in Zukunft noch gearbeitet werden“, erläuterte Prof. Hauschild. „Ziel der Forschung muss es sein sinnvolle Kombinationen herauszufinden. Bis jetzt gibt es nur Medikamente, die das Leben verlängern können, aber auf Basis der neuen Erkenntnisse ist eine Heilung vielleicht einmal möglich. Derzeit muss man allerdings realistisch bleiben: Das Melanom im Spätstadium bleibt eine tödliche Erkrankung.“
(hof)
Links:
Bericht New York Times 2010 “New Drugs Stir Debate on Rules of Clinical Trials”
Bericht New York Times 2011 "Approval for Drug That Treats Melanoma"
Artikel über die Phase-III-Studie „BRIM 3“ (The New England Journal of Medicine)
Artikel: Ipilimumab plus Dacarbazine for Previously Untreated Metastatic Melanoma (The New England Journal of Medicine)
Medieninformation Roche: FDA erteilt Zulassung für Zelboraf (Vemurafenib)
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie