Prostatakarzinomtherapie: vom Androgenrezeptor zu seinem Partner
Prostatakrebs ist der häufigste, bösartige Tumor beim Mann und wird im fortgeschrittenen Stadium mit Hormonentzugstherapie behandelt. Diese Waffe kann der Tumor mit der Zeit aber entschärfen und weiterwachsen. Auf der Suche nach einer Verbesserung der gängigen Therapie erzielt der Nachwuchswissenschaftler Dr. Frédéric R. Santer vom Forschungsteam des Molekular-Pathologen Prof. Zoran Culig an der Universitätsklinik für Urologie nun im Labor erste Erfolge beim Einsatz eines neuen Inhibitors. Die renommierte Zeitschrift "Molecular Cancer Therapeutics" der "American Association for Cancer Research (AACR)" berichtet darüber online vorab.
Frédéric R. Santer (33) vom Forschungsteam Prof. Zoran Culigs an der Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Innsbruck konnte in Zusammenarbeit mit dem Pharmakologen und Onkologen Philip A. Cole von der Johns Hopkins Universität in Baltimore (USA) den neuen Hemmstoff C646 erstmals im Zellkulturmodell erfolgreich gegen fortgeschrittenen Prostatakrebs einsetzen. Die von Cole entwickelte Substanz hemmt wichtige regulierende Proteine der Gentranskription und wurde vom Innsbrucker Team auf ihre Wirksamkeit bei Prostatakrebs überprüft. Wir konnten in mehreren Zelllinien nicht nur das ungebremste Wachstum von Prostatakrebs verhindern, sondern auch das Absterben von Tumorzellen einleiten. Als zusätzlichen, positiven Effekt entdeckten wir, dass dieser Hemmstoff einen entzündungsfördernden Signalweg blockiert. Auch dies ist für die Weiterentwicklung der Behandlung interessant. Insgesamt sind die Ergebnisse unserer Grundlagenforschungen wichtige Ansatzpunkte zur Verbesserung der Therapie bei fortgeschrittenem Prostatakrebs, betonen Santer und Culig.
Neuer Hemmstoff erstmals in Zellkulturmodell eingesetzt
C646 ist ein so genanntes small molecule und zählt chemisch zur Klasse der Acetyltransferase-Inhibitoren. Durch Bindung an das Protein p300 kann C646 die Funktion von p300 unterbinden. Der Kofaktor p300 ist eines jener Proteine, das dem Empfänger der männlichen Hormone, dem Androgenrezeptor-Protein hilft, die Ablesehäufigkeit verschiedener Gene zu regulieren. Wird p300 gehemmt, so kommt es zu einer verringerten Ablesehäufigkeit dieser Gene, was das Wachstum der Krebszellen einbremst. Gefördert wurden diese therapieorientierten Grundlagenarbeiten durch das Translational-Research-Programm des österreichischen Forschungsfonds FWF.
Mit der Diagnose Prostatakrebs wird jeder zehnte Europäer im Laufe seines Lebens konfrontiert. Männliche Sexualhormone (Androgene) spielen bei der Entstehung und beim Voranschreiten eine Schlüsselrolle. Wird der Tumor im Frühstadium entdeckt und die Prostata chirurgisch entfernt, haben Betroffene gute Heilungschancen. Haben die Krebszellen aber bereits weitere Organe besiedelt, wird eine Hormonentzugstherapie durchgeführt. Diese zielt darauf ab, die Aktivität des Androgenrezeptors zu hemmen. Jedoch treten nach rund zwei Jahren Resistenzen gegen die Hormonentzugsbehandlung auf und der Tumor wächst erneut. Diese Anpassung der Tumorzellen auf die Behandlung ist unter anderem auf die vermehrte Expression von Kofaktoren des Androgenrezeptors, wie z.B. p300, zurückzuführen.
Tagung im Herbst
Culigs Gruppe leistet international beachtete Forschungen zu Entstehung, Voranschreiten und verbesserter Therapie von Prostatakrebs. Neueste Arbeiten werden im Herbst beim Weltkongress für Urologie in Innsbruck präsentiert. Diese Tagung findet von 15. bis 17. September in der Tiroler Landeshauptstadt statt. Erwartet werden 200 TeilnehmerInnen aus Europa und den USA. Thema des von der Abteilung für Experimentelle Urologie veranstalteten Weltkongresses sind neueste Forschungsergebnisse in der molekularen Pathologie urologischer Erkrankungen.