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Internationales Expertentreffen

Am Institut für Gerichtliche Medizin wird unter der Leitung von Prof. Walther Parson eine Datenbank für mitochondriale DNA betrieben. Diese wissenschaftliche Datenbank hat sich in kurzer Zeit zum internationalen Maßstab entwickelt. Am Montag trafen sich Experten aus Forensik, Genetik und Mathematik, um die neuesten Entwicklungen auf diesem Gebiet zu diskutieren.

Tausende anonymisierte Gensequenzen sind in der qualitativ hochwertigsten Datenbank für mitochondriale DNA mit dem Namen EMPOP am Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck gespeichert. „Wir verfügen über sehr gute mathematische Werkzeuge, um eine hohe Qualität der Daten zu gewährleisten“, berichtet Prof. Walther Parson. „Internationale Fachzeitschriften verlangen inzwischen von Autoren, die Überprüfung der zur Publikation vorgeschlagen Daten anhand der Innsbrucker Modelle.“ Ohne tatkräftige Unterstützung der Mathematik wäre das freilich nicht möglich gewesen. Deshalb hat Parson bereits vor einigen Jahren die Kooperation mit dem Institut für Mathematik der Universität Innsbruck gesucht. In Prof. Arne Dür und seinen Studierenden hat er ideale Partner gefunden, mit denen in den letzten Jahren mathematische Modelle und Rechenwerkzeuge für die überaus komplexe Verarbeitung und Analyse von Daten aus mitochondrialer DNA entwickelt wurden. Daraus entstand ein ganzer Werkzeugkasten von Programmen, der nun von Wissenschaftlern aus aller Welt genutzt werden kann. In der Forensik wird mit Hilfe der Datenbank überprüft, wie häufig eine bestimmte Gensequenz in der Bevölkerung vorkommt. Dies kann in Gerichtsverfahren als Anhaltspunkt für die Beurteilung eines Verdächtigen herangezogen werden. Von großer Bedeutung ist die Datenbank aber auch für populationsgenetische Studien. Hier geht es zum Beispiel darum, die Besiedlungsgeschichte einer bestimmten Insel zu klären. Durch die Abschätzung der Evolutionsrate mitochondrialer Mutationen lässt sich damit aber auch ein präzises Bild der menschlichen Wanderungsbewegungen im Laufe der Geschichte zeichnen. In jüngster Zeit nutzen auch immer mehr Privatpersonen, besonders aus den USA, die öffentlich zugängliche Datenbank um durch Vergleiche von DNA-Daten Informationen über ihre eigene Herkunft zu gewinnen.

Ein mächtiger Gegner

Am Montag waren hochrangige Experten an dem von Prof. Richard Scheithauer geleiteten Gerichtsmedizinischen Institut zu Besuch, um die neuesten Entwicklungen bei der Analyse mitochondrialer DNA zu diskutieren. Unter den Gästen war einer der führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet, Dr. Thomas Parsons, ehemals Leiter des DNA Identifikationslabors der US- Armee und jetzt forensischer Direktor der Internationalen Kommission für vermisste Personen (ICMP) in Sarajewo. Diese internationale Einrichtung beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Identifizierung von Opfern aus bewaffneten Konflikten und Naturkatastrophen. Ebenfalls an dem Workshop teilgenommen haben neben den lokalen Kooperationspartnern Dr. Philip Endicott von der University of Oxford, Jodi Irwin vom DNA Labor der US-Armee und Dr. Sylvain Amory von der Universität Straßburg. Mit der hochwertigen Datenbank, die aus einer internationalen Kooperation im Rahmen der European DNA Profiling Group entstanden ist, haben die Innsbrucker Forscher den ursprünglichen Standard des US-Federal Bureau of Investigation (FBI) neu definiert. Das Innsbrucker Modell ist dem alten Regelwerk deutlich überlegen, da es die früher praktizierte binäre Alinierung von Sequenzen durch einen phylogenetischen Ansatz ersetzt. Dadurch werden die Frequenzabschätzungen von mitochondrialen Haplotypen präzisiert und in Einklang mit der tatsächlichen Evolution des humanen mitochondrialen Genoms gebracht. Dies könnte zu einer Änderung der internationalen Richtlinien führen, die sich bisher am Know-how des FBI orientiert haben. „Wir erwarten uns eine biologisch sinnvollere Repräsentation der Daten und damit eine breitere Anwendbarkeit der Datenbank, zum Beispiel in der Populationsgenetik und in der medizinischen Diagnostik“, erzählt Walther Parson.