Mehr Transparenz gefordert
Der Alumni-Verein der Medizinischen Universität Innsbruck, ALUMN-I-MED, lud am vergangenen Donnerstag zu einer Diskussion über das Verhältnis von Ärzteschaft und Pharmaindustrie. In dem kontroversen Gespräch zwischen Ärzten, Forschern und Industrievertretern wurde dieses Verhältnis sehr unterschiedlich interpretiert: Von "Partnerschaft" bis zu "Sonderbeziehung" war die Rede.
Als Präsident des Verbands der pharmazeutischen Industrie betonte Dr. Hubert Dreßler, Generaldirektor von sanofi-aventis Österreich, das Bemühen der Industrie um Verbesserung der Beziehung zu den Ärzten: Hier sind klare Spielregeln notwendig! Deshalb habe die Pharmaindustrie auch einen Verhaltenskodex erstellt, in dem der Rahmen der Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft geregelt sei. Damit sollen in Zukunft Fehler der Vergangenheit vermieden werden, so Dreßler in der Diskussion im Hyposaal in Innsbruck. Bei der Neugestaltung des österreichischen Gesundheitswesens hätte die Industrie die Ärzteschaft gerne als Partner im Boot. Denn Reformen im eigenen Bereich seien zu wenig, wenn es um eine grundlegende Reform des bestehenden Systems gehe. Dagegen sah der Präsident der Ärztekammer für Tirol, Dr. Artur Wechselberger, die Partnerschaft zwischen Arzt und Industrie sehr kritisch. Für ihn als Arzt stehe immer die Beziehung zum Patienten im Vordergrund. Der Arzt müsse sehr vorsichtig sein, weil die Industrie in vielen Bereichen übermächtig sei.
Um die Evidenz steht es schlecht.
In die gleiche Kerbe schlug Prof. Holger Baumgartner, der ehemalige Geschäftsführer der Ethikkommission. Für ihn gebe es gar keine Partnerschaft zwischen Arzt und Industrie, so Baumgartner, man müsse viel eher von einer Sonderbeziehung sprechen. An zahlreichen aktuellen Beispielen zeigte Baumgartner, welchen Einfluss die Industrie auf die Verbreitung und Verwertung von Studienergebnissen nehme. Die Ärzteschaft ist der medizinischen Evidenz verpflichtet, und um diese Evidenz steht es schlecht, so Baumgartner. Er kritisierte auch das Verhältnis von Industrie und Behörden und den dabei vorherrschenden Mangel an Transparenz. Dem pflichtete Wechselberger bei, für den Transparenz und Ehrlichkeit die Grundlage für eine gute Partnerschaft sind. Um eine Verbesserung dieser Partnerschaft bemüht, zeigte sich Mag. Elgar Schnegg von Sandoz Österreich. Seiner Meinung nach gebe es noch Optimierungspotenzial: Wir müssen noch mehr Natürlichkeit in die Zusammenarbeit bringen, auch und vor allem auf politischer Ebene.
Unabhängige Beratungsgremien
Die Gründung unabhängiger Gremien schlug Prof. Jörg Striessnig vom Institut für Pharmazie der Universität Innsbruck vor. Diese sollen den Ärzten bei der Auswahl von Medikamenten zur Seite stehen und damit den von Dr. Wechselberger monierten Wissensvorsprung der Industrie gegenüber den Ärzten einschränken. Dass es freilich keine gänzlich neutralen Informationen geben könne, betonten Dr. Dreßler und Prof. Thomas Berger von der Univ.-Klinik für Neurologie. Berger skizzierte das Verhältnis der klinischen Forschung zur Industrie und hob dabei die Rolle der Forschungsfinanzierung hervor. Die Beziehung zwischen Arzt und Industrie bezeichnete er als Partnerschaft mit viel Optimierungspotential. Sowohl in Richtung öffentlicher Hand als auch die Industrie richtet er den Appell, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung weiter zu steigern. Für die Zukunft sagte Pharmig-Chef Dreßler eine massive Veränderung des Verhältnisses von Ärzteschaft und Pharmaindustrie voraus. In wenigen Jahren werden sich die Entwicklungen immer mehr auf Nischen konzentrieren und dabei hoch spezialisiertes Wissen produzieren. Dies werde auch die Partnerschaft Arzt und Industrie neu definieren.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Bernhard Güntert von der UMIT. Hypo-Vorstand Dr. Günter Unterleitner zeigte sich stolz, diese Veranstaltung im Haus der Hypo Tirol Bank beherbergen zu dürfen. Auf Einladung der Bank führten die Diskutanten und Gäste das Gespräch bei einem kleinen Buffet noch weiter.