Pneumologie: Neue Wege in der Stammzelltherapie
Die Lungen verfügen über den größten Gefäßbaum im menschlichen Körper. Schädigungen nach Verletzungen oder Tumorerkrankungen könnten durch eine Rekonstruktion des betroffenen Gewebes besser behandelt werden. Innsbrucker Forscher um Prof. Christian Kähler erproben dazu ein neues Modell für die gezielte zellbasierte Gentherapie mit endothelialen Vorläuferzellen.
Vor sieben Jahren haben Innsbrucker Wissenschaftler um Doz. Eberhard Gunsilius von der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Onkologie weltweit erstmalig gezeigt, dass endotheliale Vorläuferzellen aus dem Knochenmark für die Rekonstruktion der innersten Wandschicht von Blutgefäßen mitverantwortlich sind. Die Studie wurde im Jahr 2000 in der renommierten Zeitschrift Lancet publiziert. Schon damals war Prof. Christian Kähler, heute Leiter des Schwerpunktes Pneumologie an der Klinischen Abteilung für Allgemeine Innere Medizin, an diesen Forschungen beteiligt. Seither erforscht er gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern der Medizinischen Universität Innsbruck, welches Potential die Behandlung mit Stammzellen für die Therapie von Lungenerkrankungen wie Lungenhochdruck und Lungenfibrose oder Tumorerkrankungen in der Lunge haben könnte. Dabei haben die Wissenschaftler zunächst erforscht, welche Rolle die endothelialen Vorläuferzellen bei unterschiedlichen Erkrankungen spielen. Nun haben sie ein neues Verfahren für die gezielte zellbasierte Gentherapie mit endothelialen Vorläuferzellen im Tiermodell erprobt.
Zwei Ansätze für die Therapie
In einer aktuellen Arbeit überprüften die Forscher um Prof. Christian Kähler in einem Lungenschadenmodell, ob die in vitro vermehrten Stammzellen auch wirklich den Weg in das geschädigte Lungengewebe finden. Dazu haben sie endotheliale Vorläuferzellen aus dem Knochenmark isoliert, in vitro kultiviert und vermehrt. Anschließend wurden die Zellen intravenös in das Tiermodell eingebracht. Wie erhofft, wanderten die Stammzellen nach der Injektion in die geschädigte Lunge des Tieres, während die gesunde Lunge von den Zellen nicht besiedelt wurde. Die in der Zeitschrift Respiratory Research veröffentlichte Studie ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer gezielten zellbasierten Gentherapie, die eine, zumindest teilweise Rekonstruktion des geschädigten Gewebes in der Lunge bewirken könnte. Den gleichen Ansatz wollen die Wissenschaftler auch für die Behandlung von Lungentumoren einsetzen. Dabei sollen die genetisch programmierten Stammzellen als trojanische Pferde in den Tumor eingeschleust werden. Durch den in vitro eingebauten genetischen Schalter sollen die Zellen nach dem Einwachsen in das Tumorgewebe deaktiviert und damit die Bildung von Blutgefäßen gehemmt werden. So könnte dem Tumor die notwendige Sauerstoffzufuhr entzogen werden. Auch dieses Konzept hat sich in Modellversuchen bereits bewährt. Gegenüber herkömmlicher Gentherapie haben diese Verfahren den Vorteil, dass die genetisch programmierten Zellen an jene Orten in Organismus wandern, wo sie gebraucht werden und dort einwachsen, erklärt Christian Kähler. Dadurch erwarten wir eine wesentlich nachhaltigere Wirkung als bei herkömmlichen Verfahren.
Für den Einsatz beim Patienten ist es noch zu früh.
Mit ihren Arbeiten bilden Innsbrucks Forscher eine der europaweit führenden Gruppen auf diesem Forschungsgebiet. Das Team um Prof. Kähler kooperiert eng mit der Arbeitsgruppe um den Pneumologen PD Jürg Hamacher in Bern, der auch an der aktuellen Arbeit beteiligt ist. Wann diese Therapien beim Menschen erstmals zum Einsatz kommen werden, lässt Christian Kähler noch offen. Seiner Meinung nach ist es derzeit noch zu früh für Studien am Menschen. Nichtsdestotrotz laufen in Übersee bereits erste klinische Studien an.