Die neue Welt der nicht-kodierenden RNAs...
...erkundeten Wissenschaftler vergangene Woche bei einem Symposium in Innsbruck. Ihr Augenmerk galt den kleinen nicht-kodierenden RNAs, die lange als "evolutionärer Abfall" abgetan wurden. Inzwischen ist klar, dass diese kleinen Moleküle wichtige Steuerungsfunktionen in den Zellen übernehmen. Sie werden deshalb auch als Hoffnungsträger für die Medizin gehandelt. Organisiert wurde die Tagung von Prof. Alexander Hüttenhofer und Doz. Norbert Polacek.
Von den rund drei Billionen Basenpaaren der menschlichen DNA werden nur rund 1,4 Prozent als Vorlage für die Herstellung von Proteinen verwendet. Der größere Teil des menschlichen Genoms (etwa 50 Prozent) wird in nicht-kodierende RNA (ncRNA) übersetzt. Diese übernehmen wichtige Funktionen in der Zelle. So sind sie in der Lage, die Expression einzelner Gene zu regulieren und damit bestimmte Funktionen ein- oder auszuschalten. Für Forschung und Therapie bietet das einen vielversprechenden Ansatz, können Zielgene in Säugetierzellen auf diese Weise doch erstmals nach Belieben abgeschaltet werden. Nicht-kodierende RNA können aber auch als Antikörper fungieren. Es ist außerdem bekannt, dass nicht-kodierende RNA selbst Auslöser von Krankheiten sein können. Die Bedeutung der RNA zeigt sich auch in der Struktur des Genoms, das bei sehr einfachen Organismen fast zur Gänze in Proteine umgesetzt wird, während beim Menschen der größere Teil in nicht-kodierende RNA übersetzt wird. Die Wissenschaft geht daher heute davon aus, dass diese nicht-kodierende RNA die Komplexität des Menschen überhaupt erst ermöglicht.
Gemeinsame Tagung in Innsbruck
Die neue Welt der nicht-kodierenden RNA gilt heute als eines der heißesten Forschungsgebiete in der Molekularbiologie. Dies ziegt sich auch dadurch, dass im letzten Jahr der Nobelpreis an Craig Mello and Andrew Fire für die Entdeckung der nicht-kodierenden RNAs als Regulatoren der Genexpression verliehen wurde. Die vielfältigen Aufgaben und Funktionen der nicht-kodierenden RNA zu entschlüsseln und möglicherweise für die Medizin verwertbar zu machen, haben sich deshalb Wissenschaftler aus aller Welt zum Ziel gesetzt. Führend daran beteiligt ist auch das Team um Prof. Alexander Hüttenhofer und Doz. Norbert Polacek von der Sektion für Genomik und RNomik am Biozentrum Innsbruck. Alexander Hüttenhofer ist dabei auch Leiter eines österreichweiten Projekts zur Rolle der nicht-kodierenden RNA bei der Genexpression und bei Krankheiten, das im Rahmen des österreichischen Genomforschungsprogramm GEN-AU gefördert wird. In der vergangenen Woche trafen sich die Projektpartner in Innsbruck, um die Fortschritte in den Teilprojekten zu präsentieren und neue Entwicklungen auf dem Gebiet zu diskutieren. Als externe Referenten eingeladen waren auch führende RNA-Experten aus dem Ausland, wie Evgeny Nudler aus New York, Alain Jacquier aus Paris und Matthias Hentze aus Heidelberg.