Ohne Eisen keine Gefahr
Die Arbeitsgruppe um Prof. Hubertus Haas vom Biozentrum Innsbruck hat in mehreren Arbeiten Details zur Biosynthese von Siderophoren in Schimmelpilzen aufgeklärt. Dieser Mechanismus zur Eisenaufnahme ist entscheidend für die Virulenz von Pilzen. Die Forscher konnten nun weitere Komponenten der Siderophorbiosynthese und einen neuen Mechanismus für die Eisenregulation identifizieren, der völlig anders funktioniert als beim klassischen Modellorganismus, der Bäckerhefe.
Eisen ist ein lebenswichtiges Spurenelement, das in vielen biologischen Prozessen, zum Beispiel der Blutbildung, eine wesentliche Rolle spielt. Pilze, Bakterien und manche Pflanzen nutzen so genannte Siderophore, kleine eisenbindende Moleküle, zur Aufnahme von Eisen. Die Gruppe um Prof. Hubertus Haas von der Sektion für Molekularbiologie am Biozentrum Innsbruck erforscht seit vielen Jahren das Siderophorsystem von Pilzen. Vor drei Jahren gelang es ihnen erstmals durch einen genetischen Ansatz zu zeigen, dass der Schimmelpilze Aspergillus fumigatus ohne Siderophore im Tiermodell keine Infektionen verursachen kann. Beim Menschen hingegen gibt es keinen vergleichbaren Mechanismus, weshalb die Störung des Siderophorsystems ein vielversprechendes Ziel für die Therapie von gefährlichen Pilzerkrankungen darstellt. Nun haben die Innsbrucker Forscher weitere Details über die Biosynthese von Siderophoren in Pilzen aufgeklärt und deren Bedeutung für die Virulenz im Tiermodell überprüft.
Neuen Mechanismus entdeckt
Der exakten Regulation der Eisenaufnahme in einem Organismus kommt eine entscheidende Bedeutung zu, da Eisen einerseits lebensnotwendig, im Übermaß aber toxisch ist. Einen Mechanismus zur Steuerung der Eisenaufnahme in Schimmelpilzen konnten die Forscher um Hubertus Haas bereits vor einigen Jahren aufklären. Nun haben sie einen weiteren Mechanismus entdeckt, der bei Eisenmangel jene Stoffwechselwege unterbricht, die Eisen verbrauchen und gleichzeitig die Siderophorproduktion induziert. Wir haben den verantwortlichen Proteinkomplex durch das Studium von Mutanten, also auf genetischem Weg, entdeckt und dann mit biochemischen Methoden charakterisiert, erklärt Hubertus Haas. Das Fehlen dieser Regulation führt zum Beispiel zur Weiterführung der Hämbiosynthese unter Eisenmangel, was wiederum zur Anreicherung der toxischen Vorstufe Protoporphyrin IX führt, da das notwendige Eisen fehlt. Interessanterweise besitzt die Bäckerhefe einen nahe verwandten Proteinkomplex, der allerdings als Aktivator und nicht als Repressor dient, was grundlegende Unterschiede in der Genregulation zwischen dem klassischen Modelsystem und Schimmelpilzen aufzeigt. Bemerkenswert ist auch, dass der Proteinkomplex die Eisenkonzentration in der Zelle direkt messen kann, so Haas. Die beiden uns nun bekannten Mechanismen zur Steuerung der Eisenaufnahme und der eisenverbrauchenden Stoffwechselwege sind genetisch verknüpft und erlauben so eine gegenseitige Regulation. Das Zusammenspiel der beiden Mechanismen ist essentiell für das Überleben des Schimmelpilzes und damit wahrscheinlich auch entscheidend für dessen Virulenz. Diese Arbeit, die im Juni im EMBO Journal veröffentlicht wurde, entstand in enger Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe um Prof. Axel Brakhage vom Leibnitz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie an der Universität Jena.
Weitere Gene identifiziert
Einerseits scheidet Aspergillus fumigatus einen Siderophortyp (Triacetylfusarinin C) aus, um Eisen zu fangen und dann aufzunehmen. Andererseits verwendet dieser Pilz einen strukturell unterschiedlichen Siderophor (Ferricrocin) zur Speicherung von Eisen innerhalb der Zelle. In einer gerade erschienen Arbeit in PLoS Pathogens untersuchten Dr. Markus Schrettl und Hubertus Haas gemeinsam mit Forschern des Imperial College in London welcher dieser beiden Siderophortypen wichtiger ist. Die Charakterisierung von Genen der extrazellulären bzw. intrazellulären Siderophorbiosynthese zeigte, dass der Verlust jedes der beiden Siderophore dem Pilz schadet und damit dessen Virulenz verringert. Aber nur der Verlust beider Siderophortypen hebt die Virulenz vollends auf. In einer weiteren Arbeit in der Zeitschrift Eukaryotic Cell präsentierten die Forscher das erste Siderophore abbauende Enzym in Zellen mit Zellkern. Dieses nutzt die Zelle für die Spaltung jener Siderophore, die Eisen von außen in die Zelle transportieren, was für die Nutzung des Eisens essentiell ist. Der Verlust dieses Enzyms verringert die Fitness von Aspergillus unter Eisenmangel.
Mit allen drei Arbeiten haben die Innsbrucker Molekularbiologen wesentliche Details der Biosynthese von Siderophoren in Schimmelpilzen aufgeklärt. Dieses Verständnis wird entscheidend sein, um neue Therapien zur Bekämpfung von Infektionen mit Schimmelpilzen zu entwickeln. Bis heute sind bestimmte Pilze für Menschen mit geschwächtem Immunsystem eine lebensbedrohende Gefahr. Unterstützt werden die Forscher bei ihrer Arbeit vor allem vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) und auch vom Tiroler Wissenschaftsfonds (TWF). Der Erstautor des EMBO Papers, Dr. Martin Eisendle, ist Stipendiat der Medizinischen Forschungsförderung Innsbruck (MFI) der Medizinischen Universität.