Thrombolyse-Therapie des akuten Schlaganfalls
Mit der Thrombolyse wird versucht, das Gerinnsel in einer Hirnarterie innerhalb der ersten drei Stunden nach einem akuten Schlaganfall aufzulösen. Neue Daten von Innsbrucker Neurologen und Radiologen zeigen, welche Faktoren dabei für den Therapieerfolg entscheidend sind. Bei über 60% der Patientinnen und Patienten kann das verschlossene Hirngefäß wiedereröffnet werden; ungünstiger sind die Ergebnisse bei zuckerkranken Patienten.
In den westlichen Industrieländern ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache und die am häufigsten zur dauerhaften Invalidität führende Erkrankung. Der Verschluss einer Hirnarterie führt dabei zur kritischen Verminderung der Hirndurchblutung und innerhalb kurzer Zeit zum irreversiblen Untergang von Nervengewebe. Eine moderne, etablierte Behandlungsmöglichkeit für Schlaganfallpatientinnen und -patienten stellt die Auflösungs- oder Lysetherapie des Gerinnsels innerhalb des 3-Stunden Zeitfensters dar. Diese wird mit rekombinantem Gewebsthromboplastinaktivator (rt-PA) als intravenöse Behandlung durchgeführt.
Bisher größte Untersuchungsreihe
Die neurovaskuläre Arbeitsgruppe an der Universitätsklinik für Neurologie hat gemeinsam mit der Klinischen Abteilung für Radiologie II in einer im Fachjournal Neurology publizierten Studie 100 Schlaganfallpatienten untersucht, die mit rt-PA lysiert worden waren. Es wurde überprüft, ob der Gefäßverschluss durch die Therapie beseitigt werden konnte (Rekanalisation) und welches klinische Ergebnis drei Monate nach der Therapie zu beobachten war. Die Rekanalisation wurde durch verschiedene bildgebende Methoden (Duplex-Ultraschall, CT-Angiographie, MR-Angiographie) jeweils vor und 24 Stunden nach der Lyse beurteilt. Es handelt sich hierbei um die größte derartige Untersuchungsreihe von nicht-selektionierten Lysepatientinnen und -patienten.
Diabetiker zeigen ungünstigere Ergebnisse
In der Datenauswertung der verschiedenen Patientengruppen trat vor allem ein hochsignifikantes und in dieser Deutlichkeit kaum zu erwartendes Ergebnis zutage: Während die durchschnittliche Rekanalisationsrate (vollständige und teilweise Wiedereröffnung der Gefäße zusammengerechnet) mit 66 Prozent relativ hoch war, konnte bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus nur in 9 Prozent der Fälle eine Wiedereröffnung des Gefäßverschlusses erzielt werden. Die Innsbrucker Wissenschaftler konnten auch zeigen, dass die Rekanalisation der stärkste Prädiktor für ein günstiges Ergebnis nach 90 Tagen ist. Patienten, deren Hirngefäße wieder durchgängig gemacht werden konnten, führten ihr Leben zumeist wieder selbstständig. Weiters waren eher leichtere Schlaganfälle sowie jüngere Patienten und diejenigen, die frühzeitig zur Therapie kamen, hinsichtlich des Langzeitergebnisses begünstigt. Auch Gefäßverschlüsse über längere Strecken, die bereits auf Höhe der Halsschlagader beginnen, zeigen ein wesentlich schlechteres Ansprechen auf die Thrombolyse Therapie und infolgedessen weniger gute Langzeitergebnisse.
Wie sind die Ergebnisse zu interpretieren?
Das schlechtere Ansprechen der Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus spiegelt höchstwahrscheinlich deren gestörtes Gerinnungssystem wieder, in dem eine Vielzahl ungünstiger, weil gerinnungsfördernder Faktoren hochreguliert sind. Wir vermuten, dass vor allem hohe Spiegel von Plasminogen Aktivator Inhibitor 1 (PAI-1) eine Rolle spielen, da dieses Molekül die Wirkung von rt-PA direkt aufhebt, so Dr. Martin Furtner, der wesentlich zu dieser Studie beigetragen hat. In früheren Lysestudien bei Herzinfarktpatienten konnten hohe PAI-1 Spiegel bei Diabetikern bereits als ursächlich für deren schlechtes Ansprechen nachgewiesen werden. Somit ruht gerade bei dieser sehr großen Untergruppe von SchlaganfallpatientInnen (20 bis 30 Prozent aller Schlaganfälle) die Hoffnung auf die Entwicklung neuartiger, plasminogen-unabhängiger Lysemedikamente. In internationalen Studien wird bereits mit Hochdruck an der Implementierung solcher neuer Substanzen gearbeitet.