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Zur Versorgung von Krebspatienten in Tirol

Brauchen wir ein Tumorzentrum? Diese Frage diskutierten Ärzte der Universitätsklinik, der Bezirksspitäler und des niedergelassenen Bereichs am vergangenen Donnerstag im Hyposaal auf Einladung von ALUMN-I-MED, dem Verein der AbsolventInnen, FreundInnen, MitarbeiterInnen und Förderer der Medizinischen Universität Innsbruck.

Auslöser der Debatte rund um die Qualität bzw. den Bedarf des Tumorzentrums in Innsbruck waren Missverständnisse über die Qualität der Versorgung von Krebspatienten in der Universitätsklinik und in den Bezirkskrankenhäusern, die in der Diskussionsrunde am Donnerstag jedoch weitgehend ausgeräumt werden konnten. Die Ärzte am Podium, Prof. Günther Gastl, Prof. Raimund Margreiter, Prof. Klaus Gattringer (Kufstein), Prof. Ekkehard Steiner (Hall) und Doz. Christof Ludescher (Facharzt in Innsbruck) fanden trotz differenter Standpunkte zu dem grundlegenden Konsens, dass eine möglichst schnelle und umfassende Behandlung von Krebspatienten nur durch eine enge Kooperation der Universitätsklinik mit Experten der Bezirkskrankenhäuser und niedergelassenen Kollegen umsetzbar ist. Die im Rahmen eines Tumorzentrums interdisziplinäre Behandlung von Krebspatienten sei sinnvoll und notwendig, so der Tenor, wobei der Begriff „Zentrum“ im Sinne eines Netzwerks und nicht als räumliche Dimension zu verstehen sei.

Netzwerk als geeigneter Ansatz

Die Betreuung der Patientinnen und Patienten in Tirol sei sehr gut, jedoch gebe es weiteren Optimierungsbedarf. Zwar funktioniere die Kooperation zwischen Peripherie und Innsbruck aufgrund guter persönlicher Kontakte und gegenseitiger Wertschätzung, so die Vertreter der Bezirkskrankenhäuser Hall und Kufstein, doch müssten insbesondere niedergelassene Fach- und Allgemeinärzte stärker in den Behandlungsablauf eingebunden werden. Gerade hier biete sich die Chance, dem Bedürfnis der Patientinnen und Patienten nach kontinuierlicher Beziehung zum behandelnden Arzt zu entsprechen. In größeren Kliniken, sei dies aufgrund der Rotation der Ärzte jedoch kaum zu bewerkstelligen. Die optimale Koordination der unterschiedlichen disziplinären Behandlungsansätze zur Entwicklung eines umfassenden Behandlungsplans stelle das primäre Ziel eines effektiven Tumorzentrums dar. Innovative Ansätze in der Krebsdiagnostik und -therapie gelte es, so rasch und effektiv wie möglich in die klinische Anwendung zu übertragen. Ebenso wichtig sei die Erarbeitung und Formulierung konsensualer Qualitätsrichtlinien und Therapieempfehlungen auf Basis der bestehenden multidisziplinären Tumorboards. Eine entsprechende Plattform dafür bietet der Tiroler Arbeitskreis für klinische Onkologie (TAKO).

Zusammenarbeit weiter ausbauen

Einigkeit herrschte unter den anwesenden Experten auch darüber, dass insbesondere komplexe und seltene Tumorerkrankungen zentral, also an der Uniklinik behandelt werden sollten, um die notwendige Fallzahl, in der Konsequenz die Qualität der Therapie und damit die entsprechende wissenschaftliche Weiterentwicklung zu erhöhen bzw. zu garantieren. Dies gelte auch für den Bereich der Klinischen Studien, die für den Fortschritt der Krebstherapien unerlässlich seien. Um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse schnell in den klinischen Alltag übertragen zu können, benötige man eben ein entsprechendes Repertoire an Tumorfällen. In diesem Zusammenhang gelte es auch, den Ablauf der so genannten Tumorkonferenzen, in deren Rahmen die spezifische Patienten- bzw. Krankheitssituation individuell diskutiert wird, weiter zu verbessern.

Heidelberg als beispielgebendes Modell

Am Beispiel des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen in Heidelberg (NCT) erfuhren die Teilnehmer der ALUMN-I-MED-Diskussionsveranstaltung durch den NCT-Vertreter Dr. Hanno Glimm einiges über die „beispielgebende Struktur des NCT“, das klinische Patientenversorgung mit aktueller Krebsforschung verknüpft. Glimm: „Zum einen steht unseren Patienten eine zentrale Anlaufstelle mit umfassender Betreuung zur Verfügung, zum anderen lassen sich neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schneller in die klinische Praxis umsetzen“. Dem Patienten komme dabei insbesondere der interdisziplinäre Ansatz der Tumorambulanz zugute, da sich je nach Tumorart beispielsweise Chirurgen, Radiologen, Internisten und weitere Experten beraten, um einen qualitätsgesicherten Therapieplan nach höchsten Standards zu erarbeiten. „Unser Ziel ist die integrierte multidisziplinäre Krebstherapie“, so Glimm. Die Heidelberger Universitätskliniken behandeln jährlich rund 6.000 Tumorpatienten, eine Zunahme der Attraktivität für zusätzliche Patienten ist aufgrund der effizienten Struktur des NCT zu erwarten. Das NCT Heidelberg biete ideale Rahmenbedingungen für die „Übersetzung“ relevanter Forschungsergebnisse in klinischen Anwendungen sowie für epidemiologische Untersuchungen. „Erst dieser strukturierte und koordinierte Ablauf“, so der Experte Glimm, „optimiert den Wissenstransfer von der Laborbank ans Krankenbett“.