Für die medizinische Forschung - gegen wirtschaftlichen Druck
Ethikkommissionen sind ein wichtiger Bestandteil bei der Genehmigung von klinischen Studien an denen Patientinnen und Patienten beteiligt sind. In Innsbruck wurden in den vergangenen 26 Jahren mehr als 3.000 solcher Forschungsvorhaben beurteilt. Anlässlich der 250. Sitzung veranstaltete die Ethikkommission ein Fachsymposium, um die schwierige Aufgabe aus unterschiedlicher Sicht zu beleuchten.
Mit einem Symposium, bei dem es an kritischen Tönen nicht mangelte, feierte die Ethikkommission der Medizinischen Universität Innsbruck gestern ihre 250. Sitzung. In der Zeit von 1980 bis 2006 wurden 3.191 Forschungsvorhaben mit Beteiligung der Patienten von der Kommission beurteilt. Das wichtigste Kriterium: das Wohl und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten, die große Hoffnung und Vertrauen in die forschenden Ärzte setzen, so der Vorsitzende der Ethikkommission, Prof. Peter Lukas.
Alle Fragen klären
Die Gesundheitsreferentin und Landeshauptmannstellvertreterin des Landes Tirol, Dr. Elisabeth Zanon unterstrich in ihrem Statement, dass gerade dieses Kriterium strenger Kontrolle und Evaluierung bedarf. Die kritische Funktion wurde auch von Tilak-Vorstand Dr. Herbert Weissenböck, Vizerektorin Prof.in Dr.in Margarethe Hochleitner und Ärztekammerpräsident Dr. Arthur Wechselberger angesprochen. Weissenböck zeigte sich dabei insbesondere vom Motto des Vorsitzenden Peter Lukas fasziniert: Keine Frage darf in der Sitzung unbeantwortet bleiben. Insgesamt waren sich die Anwesenden grundsätzlich darüber einig, dass die medizinische Forschung weiter sehr intensiv gefördert werden müsse, man dabei aber gegenüber wirtschaftlichem Druck nicht nachgeben dürfe im Vordergrund stehen die Bedürfnisse und das Wohl der Patientinnen und Patienten.
Würdigung durch den Bundespräsidenten
Die Mitglieder der Ethikkommission verrichten ihre herausfordernde Arbeit einmal monatlich eine sechs- bis siebenstündige Sitzung und die entsprechende Vorbereitung für die jeweils ungefähr 30 bis 40 Projektanträge seit jeher ehrenamtlich. Diese besondere Dimension des Ehrenamtes wurde von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer in einer Grußadresse an das Symposium ausdrücklich gewürdigt, ebenso wie die solidarische Bereitschaft aller Patientinnen und Patienten, die sich für den medizinischen Fortschritt zur Verfügung stellen. Die Notwendigkeit der offenen und kritischen Diskussion wurde sowohl von den österreichischen Rednern, wie auch von den beiden Gastreferenten aus Deutschland, Prof. Christian v. Pestalozza (Ethikkommission des Landes Berlin) und Dr. Christian v. Dewitz (Etikkommission der Carité in Berlin) nachdrücklich eingefordert. Dies kann mitunter zur Ablehnung von Projekten führen, manchmal gegen massiven Widerstand der Betreiber. Der Leiter der Geschäftsstelle der Innsbrucker Ethikkommission, Dr. Holger Baumgartner betonte, wie wichtig in Zeiten der Evidenz-basierten Medizin die Qualität der Forschung sei. Er forderte daher eine bessere Finanzierung von unabhängigen Studien durch die öffentliche Hand.
Das juristische Gewicht
Dass die Ethikkommissionen mittlerweile auch über beachtliches juristisches Gewicht verfügen, zeigten die Stellungnahmen des Rechtswissenschaftlers Prof. Andreas Scheil und von HR Dr. Helmut Schwamberger. Die Nichtbefassung der Ethikkommission kann durchaus verwaltungsstrafrechtliche, strafrechtliche und zivilrechtliche Folgen für die entsprechenden Ärztinnen und Ärzte, ihre Vorgesetzten und die Krankenanstalt nach sich ziehen. Daher sind heute Ethikkommissionen ein unverzichtbarer Bestandteil der medizinischen Forschung.