Wertvolle Tiermodelle für Autoimmunerkrankungen
In der Zentralen Versuchstieranlage der Medizinischen Universität Innsbruck werden zwei Hühnerstämme mit spontan auftretenden, erblich bedingten Autoimmunerkrankungen gezüchtet. Diese stellen die besten Tiermodelle für die entsprechenden menschlichen Erkrankungen dar. Um deren frühe ätiologische und pathogenetische Mechanismen zu verstehen, ist die Untersuchung der Tiermodelle hilfreich.
Es handelt sich bei diesen Tiermodellen zum einen um den Obese Stamm (OS) von Hühnern, der im Zeitraffertempo schon nach wenigen Wochen in allen Fällen eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüsen entwickelt, die in klinischer, endokrinologischer und immunologischer Hinsicht exakt der menschlichen Hashimoto Thyroiditis entspricht. Neben diesem organspezifischen Tiermodell, das außer in Innsbruck auch am Cornell Veterinary College in Ithaca, New York, gezüchtet wird, beherbergt die Zentrale Versuchstieranlage in Innsbruck außerdem als weltweit einzige Institution auch einen Hühnerstamm, der spontan eine systemische, d.h. den ganzen Körper betreffende Autoimmunerkrankung entwickelt, die in jeder Hinsicht der menschlichen systemischen Sklerose (Sklerodermie) entspricht.
Autoimmunerkrankungen besser verstehen
Autoimmunerkrankungen beim Menschen werden bekanntlich erst dann klinisch manifest, wenn der Krankheitsprozess ein Stadium erreicht hat, wo eine funktionelle Kompensation des befallenen Organs oder des Organsystems nicht mehr möglich ist, erklärt Prof. Georg Wick, Direktor der Sektion für Experimentelle Pathophysiologie und Immunologie. Die frühesten, klinisch noch nicht fassbaren Autoimmunerkrankungen werden daher häufig nicht erkannt und sind deshalb auch Untersuchungen in Bezug auf ihre Ursache (Ätiologie) und Entstehungsgeschichte (Pathogenese) nicht zugänglich. Um die frühen ätiologischen und pathogenetischen Mechanismen zu verstehen, ist die Untersuchung von geeigneten Tiermodellen notwendig. In dieser Hinsicht entsprechen Versuchstierstämme mit spontan entwickelten Autoimmunerkrankungen der Situation beim Menschen weitaus besser als solche, bei denen diese Erkrankungen künstlich hervorgerufen wird, wie z.B. Knockout oder transgene Mäuse.
Große internationale Nachfrage
In einer jüngst in der renommierten Zeitschrift Advances in Immunology erschienen Arbeit beschreiben Georg Wick und Mitarbeiter gemeinsam mit Kollegen aus Uppsala (Schweden) und Davis (Kalifornien) die beiden Versuchstierstämme sowie ein ebenfalls im Huhn auftretendes, dem menschlichen Vitiligo ähnliches Modell im Detail. Angesichts der Tatsache, dass die Sequenz des Hühnergenoms im Jahr 2004 entschlüsselt wurde, besteht nach den erwähnten Hühnerstämmen international große Nachfrage, da nun deren genetische Basis erstmals auf molekularer Ebene genau untersucht werden kann. Die Gruppen von Georg Wick und Roswitha Gruber-Sgonc kooperieren auf diesem Gebiet mit Leif Andersson, Olle Kämpe und Olav Ekwall aus Uppsala. Hermann Dietrich ist in der Zentralen Versuchstieranlage für die Zucht und Haltung dieser wertvollen Tiermodelle verantwortlich.