Neue nicht-invasive Methode zur Diagnose von Herzrhythmusstörungen
Für die Diagnose der Ursachen von Herzrhythmusstörungen war die Medizin bisher auf invasive Untersuchungen angewiesen. Das von der Klinischen Abteilung für Kardiologie und dem Institut für Biomedizinische Technik an der UMIT entwickelte und klinisch getestete System NICE ermöglicht nun die nicht-invasive Bestimmung der Erregungsausbreitung im Herzmuskel.
An dem von Prof. Bernhard Tilg geleiteten Institut für Biomedizinische Technik an der UMIT in Hall wurden die theoretischen und technischen Grundlagen für dieses neue Diagnoseverfahren entwickelt. Dem Verfahren liegt eine physikalisch-mathematische Modellbildung der kardialen elektro-anatomischen Funktion eines individuellen Patienten und die Lösung eines so genannten inversen Problems (Parameterschätzverfahren) zugrunde, mithilfe derer die Erregungsausbreitung im Herzmuskel berechnet werden kann. Grundlage dafür ist ein hoch-auflösendes Oberflächen-EKG mit insgesamt 65 Elektroden und ein individuelles anatomisches Modell des Herzens und des Thorax. Dieses wird mittels Magnetresonanztomographie (MRT) in Kooperation mit der Univ.-Klinik für Radiodiagnostik erstellt. Mit diesen Daten ist NICE (Noninvasive Imaging of Cardiac Electrophysiology) in der Lage, den Ursprung und die Ausbreitung der Erregung im Herzen zu errechnen.
Auch einzelne Herzschläge können analysiert werden
In einer im November im Journal of the American College of Cardiology veröffentlichten Studie konnte Dr. Thomas Berger von der Klinischen Abteilung für Kardiologie (Leiter: Prof. Otmar Pachinger) gemeinsam mit seinen Kollegen die neue Methode im klinischen Alltag erfolgreich testen. Sie untersuchten dazu sieben Patienten mit einem Wolff-Parkinson-White-Syndrom. Es handelt sich dabei um eine Herzrhythmusstörung, die durch eine elektrisch kreisende Erregung zwischen Herzvorhöfen und den Herzkammern ausgelöst wird. Die Ergebnisse des neuen Diagnoseverfahrens wurden mit dem derzeit gültigen Goldstandard für solche Untersuchungen (CARTO) verglichen. Die neue Methode hat dabei eine gute Treffgenauigkeit gezeigt, sagt Dr. Berger. NICE könnte somit in Zukunft ein wertvolles Instrument für die Diagnostik von Rhythmusstörungen sein und auch helfen, die zugrunde liegenden Mechanismen von Arrhythmien besser zu verstehen. Einen weiteren großen Vorteil bietet das neue Verfahren auch bei sehr kurz anhaltenden Herzrhythmusstörungen. Während für herkömmliche Verfahren die Störung stabil anhaltend sein muss, genügt NICE im Extremfall so gar ein einziger, gestörter Herzschlag für die Berechnung. Mit ihrer Entwicklung positionieren sich die Tiroler Forscher im internationalen Spitzenfeld, gibt es doch weltweit nur zwei Gruppen, die ein solches Verfahren zur klinischen Reife vorangetrieben haben. Eine Voraussetzung für die Entwicklung war die gute Zusammenarbeit zwischen der Klinik und der UMIT, betont Thomas Berger, unterstützt wurden wir über mehrere Jahre vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF).