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Resistenzen verstehen lernen

In der Therapie akuter lymphatischer Leukämien im Kindesalter spielen Glucocorticoide eine wichtige Rolle. Bestehende oder sich entwickelnde Resistenzen erfordern deshalb oft eine Intensivierung der Chemotherapie. Forscher um Dr. Stefan Schmidt und Prof. Reinhard Kofler haben nun zum ersten Mal die Mechanismen der Resistenzentwicklung im Modell systematisch untersucht und in der Zeitschrift FASEB veröffentlicht.

Glucocorticoide (GC) werden heute vielfach in der Chemotherapie bösartiger hämatologischer Erkrankungen eingesetzt, denn diese können in den Tumorzellen den programmierten Zelltod (Apoptose) auslösen. Insbesondere in der Therapie akuter lymphatischer Leukämien (ALL) im Kindesalter spielen die Glucocorticoide eine wichtige Rolle, weshalb bestehende oder sich entwickelnde Resistenzen oft eine Intensivierung der Chemotherapie erfordern. Die der Resistenzentwicklung zugrunde liegenden Mechanismen sind bisher unbekannt, genauso wie der Signalweg über den Glucocorticoide zum Zelltod führen. Die Arbeitsgruppe an der Sektion für Molekulare Pathophysiologie und dem Tiroler Krebsforschungsinstitut hat nun die Mechanismen der Resistenzentwicklung zum ersten Mal im Modell systematisch untersucht. Dazu wurden unabhängig generierte GC-resistente Subklone zweier Zelllinien gewonnen und mit GC-sensitiven Subklonen oder der sensitiven Mutterlinie verglichen. Die gewählten Zellinienmodelle repräsentieren nicht nur T- wie B-ALL, sondern spiegeln auch die Resistenzentwicklung in Zellen mit normaler und gestörter DNA-Reperatur-Maschinerie (Mismatch repair, MMR) wider.

Schlüsselrolle für Glucocorticoide-Rezeptor

In diesen Modellen konnten die Forscher zeigen, dass der GC-Rezeptor (GR), der am Beginn der GC-Signaltransduktion steht, bei der Resistenzentwicklung eine Schlüsselrolle einnimmt. Bei vergleichbarer basaler Expression regulierten nur die GC-sensitiven Linien den GR als Antwort auf einen GC-Stimulus auf mRNA- und Proteinebene weiter hinauf. Die funktionelle Bedeutung der erhöhten GR Expression konnte beispielhaft in zwei resistenten Subklonen gezeigt werden, in denen durch GR-Überexpression die GC-Sensitivität wiederhergestellt wurde. Das Ergebnis eines Mutationsscreening machte deutlich, dass die fehlende Regulation nur in einem kleineren Teil der Fälle auf Mutationen zurückgeht. Ein Hinweis auf einen weiteren möglichen Resistenzmechanismus erbrachte ein zur Einschätzung der genomischen Stabilität in Kooperation mit dem Institut für Gerichtliche Medizin durchgeführtes Microsatellite Screening. Der Hinweis auf einen möglichen Allelverlust (LOH) für das GR-Gen konnte durch FISH-Analyse einer Subgruppe –in Kooperation mit der Sektion für klinische Genetik- untermauert werden. Allerdings wurden nur in einem Fall beide funktionellen GR-Allele verloren. In rund 30% der GC-resistenten Subklone wurden durch eine Kombination von LOH und Mutation ebenfalls beide funktionelle Allele inaktiviert und damit die Signaltransduktion komplett unterbunden. In der Mehrheit der Klone der MMR-defizienten Linie war trotz LOH ein funktionelles GR-Allel vorhanden. In der MMR-suffizienten Linie wiesen 83% der resistenten Subklone zwei funktionelle Allele auf und nur in 17% wurde ein Allel durch Mutation oder LOH inaktiviert.

Mutation nicht das Hauptproblem

Ein noch näher zu bestimmender Genregulationsdefekt vermittelt also in der Mehrheit der Fälle der MMR-suffizienten Subklone die GC-Resistenz. Möglicherweise kommt diesem Mechanismus aber weit größere Bedeutung zu: Denn unter den sensitiven, den GR regulierenden Subklonen der MMR-defizienten Linie war auch einer mit einem durch LOH auf ein funktionelles Allel reduzierten Genotyp. Damit scheint Haploinsuffizienz nicht per se eine suffiziente Genregulation zu unterbinden. Die GC-Resistenz könnte in allen Fällen in der MMR-suffizienten und in 70% der Fälle der MMR-defizienten Subklone durch Genregulation vermittelt sein. Dieser Befund deckt sich mit der überraschend geringen Zahl nachgewiesener GR-Mutation in Fällen klinischer GC-Resistenz. „Ob allerdings der im Modell dominante Regulationsdefekt auch in vivo GC-Resistenz vermittelt, kann nur an Proben von mit GC behandelten sensitiven und resistenten Patienten verifiziert werden“, betont Dr. Schmidt abschließend.

Stefan Schmidt wurde 1972 in Krefeld geboren und studierte an der Universität Innsbruck Medizin. Zunächst strebte er eine klinische Ausbildung an, fand aber im Rahmen seiner Doktorarbeit in Prof. Reinhard Kofler einen hervorragenden Mentor, der seinen Forscherdrang förderte. „Er gab mir die notwendigen Freiheiten, um meine eigenen Ideen entwickeln und verfolgen zu können“, so Dr. Schmidt.