Weltweite Charta für Essstörungen
In Alpbach findet derzeit der Kongress Essstörungen 2006 statt. Auf der internationalen Tagung wird heute, Freitag, die neue Weltweite Charta für Essstörungen erstmals in deutscher Sprache der Öffentlichkeit präsentiert. Diese Charta soll Menschen mit Essstörungen und deren Angehörigen als Hilfsmittel und der Gesundheitspolitik als Planungsgrundlage dienen.
Essstörungen wie Magersucht und Bulimie sind schwere Krankheiten mit verheerenden Folgen für Millionen Betroffene und Angehörige weltweit. Die Qualität und Zugänglichkeit einer spezialisierten Behandlung ist unterschiedlich, ebenso wie der Rechtsstandard für Menschen mit Essstörungen. Daher haben Menschen mit Essstörungen, deren Familien, Selbsthilfegruppen, Experten für Essstörungen und wissenschaftliche Gesellschaften aus 46 Ländern eine Weltweite Charta für Essstörungen, für die Rechte und berechtigten Erwartungen von Menschen mit Essstörungen und ihren Angehörigen erarbeitet. Diese Charta wurde im Juni dieses Jahres auf dem Weltkongress der Academy for Eating Disorders in Barcelona verabschiedet und von der Österreichischen Gesellschaft für Essstörungen (ÖGES) und dem Innsbrucker Netzwerk Essstörungen mit unterzeichnet. Diese Charta zeigt, dass es auf der ganzen Welt gemeinsame Prinzipien gibt, die Essgestörte, ihre Angehörigen und ihre Behandler und Unterstützer verbinden, freut sich Prof. Günther Rathner von der Medizinischen Universität Innsbruck. Er ist Präsident der ÖGES und Obmann des Netzwerks Essstörungen.
Partnerschaft zwischen Betroffenen und Betreuern
Der Grundgedanke der Charta ist eine Partnerschaft zwischen Patienten, ihren Angehörigen und den Betreuern und Behandlern. Diese ist die notwendige Basis jeder guten Behandlung in spezialisierten Behandlungseinrichtungen und Praxen für Essstörungen. In der Charta werden Qualitätsstandards für eine spezialisierte Behandlung definiert, wobei die Notwendigkeit des am wenigsten einschränkenden Settings, nämlich der ambulanten Behandlung, wo immer möglich betont wird. Jede Behandlung sollte entsprechend dem Alter, auf regionaler Ebene leicht zugänglich und durch die öffentliche Gesundheitsversorgung finanziert sein. Die Patientenrechte müssen gewahrt werden, und Angehörige sind in die Behandlung einzubeziehen. Die Notwendigkeit der spezialisierten und interdisziplinären Weiterbildung psychosozialer Berufe für die Behandlung von Essstörungen, der Entwicklung und Evaluation effektiver Präventionsprogramme, sowie der Öffentlichkeitsarbeit und Zusammenarbeit mit den Medien zur Entstigmatisierung von Essstörungen und Änderung des gesellschaftlichen Schlankheitswahns bzw. der Akzeptierung der natürlichen Vielfalt von Körperformen wird betont.
Hilfsmitteln für Betroffene und Grundlage für die Politik
Diese Charta wird heute, Freitag, beim Kongress Essstörungen 2006 in Alpbach von Prof. Rathner erstmals in deutscher Sprache der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Charta kann Menschen mit Essstörungen und deren Angehörigen als Hilfsmittel bei der Suche geeigneter Behandlungsverfahren und Behandlungseinrichtungen hoher Qualität dienen und sie bei der Ablehnung nicht hilfreicher, veralteter und unprofessioneller Praktiken unterstützen, betont Rathner. Sie liefert der Gesundheitspolitik und Versorgungsplanung die grundlegenden Bausteine für die Entwicklung von Behandlungsprogrammen, Behandlungseinrichtungen, Aufklärungsinitiativen und Präventionsprogrammen hoher Qualität.