Nobelpreis für RNA-Forscher
Das Nobelpreiskomitee hat am Montag den diesjährigen Nobelpreis für Physiologie und Medizin Andrew Z. Fire und Craig C. Mello zugesprochen. Die beiden US-Amerikaner wurden für ihre Arbeiten zur RNA-Interferenz ausgezeichnet. Die Forscher hatten gezeigt, wie mit doppelsträngigem RNA-Erbgut die Aktivität von Genen gezielt unterdrücken kann.
Mit dem Verfahren der RNA-Interferenz können gezielt Gene an- bzw. ausgeschalten werden, so zum Beispiel Gene, die für die Entwicklung des Menschen benötigt werden. Dies geschieht durch sehr kurze, 21 Nukleotid lange RNA-Stücke, die entweder bereits in der Zelle vorhanden sind oder durch künstlich produzierte doppelsträngige RNA-Stücke, die in Zellen eingebracht werden. Damit kann die Produktion bestimmter Proteine gestoppt werden. In den Forschungslabors hat sich RNA-Interferenz als gentechnisches Verfahren zum Ausschalten von Genen bereits etabliert. Vor allem die Verringerung der Genaktivität bietet den Forschern völlige neue Möglichkeiten die Funktion von Genen zu untersuchen. 1998 veröffentlichten Andrew Fire und Craig Mello diese Technik erstmals, bei der doppelsträngige RNA im Fadenwurm C. elegans zu einem effizienten und spezifischen Gen-Knockdown führt. Wie genau das Einbringen den Organismus jedoch zum Abbau der Ziel-RNA führt, wurde erst klar, als 1999 kurze RNAs mit einer Länge von rund 21 Nukleotiden isoliert werden konnten, die in direktem Zusammenhang zu den regulierten RNAs stehen: die so genannten small interfering RNAs (siRNAs). Diese verleihen der RNA-Interferenz ihre Spezifität, indem sie die Ziel-RNAs über Basenpaarung binden. Erst spätere Arbeiten der Arbeitsgruppe von Thomas Tuschl vom Rockefeller Institut in New York erlaubten schließlich die Anwendung der RNA-Interferenz auf Zellen von Säugetieren. Andrew Z. Fire forscht derzeit an der Stanford University in Kalifornien und Craig C. Mello arbeitet an der Massachusetts Medical School in Worcester.
Ein Hoffnungsträger in der Medizin
Der Bedeutung der kleinen regulativen RNAs hat sich Prof. Alexander Hüttenhofer von der Sektion für Genomics und RNomics am Biozentrum Innsbruck verschrieben. Noch vor der Entdeckung der siRNAs war er vor zehn Jahren einer der ersten, der sich der Identifizierung von Gen-regulierenden kleinen RNAs zugewandt und dafür den Begriff RNomics geprägt hatte. Inzwischen kommt dieser Klasse von RNAs in der Grundlagenforschung eine enorme Bedeutung zu, und die RNAs zählen zu den neuen Hoffnungsträgern in der Medizin. Bereits im Juni dieses Jahres hatte sich das Nobel-Komitee bei der jährlichen Konferenz am Karolinska Institut ausführlich der kleinen Welt der RNAs gewidmet. Gemeinsam mit den führenden Forschern auf diesem Gebiet war Alexander Hüttenhofer dort eingeladen. Dabei traf er auch den nun mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Craig Mello. Das Biozentrum und die Medizinische Universität Innsbruck verfügen mit dem RNomics-Schwerpunkt über einen zukunftsträchtigen Forschungsbereich, der sie von anderen, vergleichbaren Einrichtungen unterscheidet.