Organschutz in nuklearmedizinischer Therapie
Anders als in der nuklearmedizinischen Diagnostik werden in der Therapie höhere Strahlungsmengen angewandt. Umso wichtiger ist der Schutz der Niere als Hauptausscheidungsorgan. An der Innsbrucker Universitätsklinik für Nuklearmedizin laufen dazu Arbeiten in zwei Forschungsrichtungen: an der Radionuklidtherapie und am antioxidativen Schutz der Organe.
Die Wissenschaftler beschäftigen sich mit radioaktiv markierten Somatostatin-Analoga, hier besonders mit dem Peptid Octreotid. In der Diagnose hilft es, Primärtumoren und Metastasen (Adeno-Ca) zu lokalisieren. In der Therapie sind die Wirksamkeit und der Erfolg einer Langzeitbehandlung mit Octreotid abhängig vom Vorhandensein ausreichender Mengen Somatostatin-Rezeptoren am Tumorgewebe. Prof. Roy Moncayo von der Universitätsklinik für Nuklearmedizin beschäftigte sich schon zu Beginn der 1980er Jahre am damaligen Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie im Rahmen seiner endokrinologischen Arbeiten mit dem Thema Somatostatin und publizierte vor kurzem seine Ergebnisse im European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging.
Innsbruck internationales Referenzzentrum
Mehrere internationale Forschungsteams arbeiten am Schutz der Niere bei den Radionuklidtherapien. Ein Ansatz, der von der Arbeitsgruppe um Marion de Jong in Rotterdam aufgegriffen wurde, basiert auf der Anwendung des Megalin-Cubilin-Systems. Die renale Aufnahme von Octreotid kann damit vermindert werden, so Prof. Moncayo. Wenn man allerdings die Niere und Somatostatin-Analoga betrachtet, darf man auch die verwandte Substanz Cortistatin nicht vergessen. Interaktionen im Somatostatin-System könnten auch im Cortistatin-System ablaufen. Darüber ist derzeit noch sehr wenig bekannt. Die Radionuklidtherapie mit Octreotid-Analoga wurde erstmals 1996 in Holland entwickelt. Ein Jahr später wurde diese Therapiemethode im Rahmen des Kooperationsprojekts Mauritius, das von Prof. Irene Virgolini (damals am AKH Wien, heute Vorstand der Innsbrucker Universitätsklinik für Nuklearmedizin) entwickelt wurde, in Innsbruck eingeführt. Im Dezember 1997 wurden die ersten dosimetrischen Messungen am Patienten vorgenommen. Nach Abschätzung der Bindungscharakteristika der Peptide wurde mit den Therapien begonnen. Heute ist die Universitätsklinik für Nuklearmedizin ein internationales Referenzzentrum für Patienten mit neuroendokrinen Tumorerkrankungen.
Selektive Aufnahme
Die Wirkung der Therapie ist durch die hohe Anzahl an Rezeptoren für Somatostatin an der Zelloberfläche von Tumorzellen sehr selektiv. Zellen mit einer geringeren Anzahl an Rezeptoren wie zum Beispiel die Nierenzellen können viel weniger von der Substanz aufnehmen. Gleichzeitig ist die Niere auch Ausscheidungsorgan. Die mangelnde Ausscheidung von Octreotid in der Niere kann man durch die Gabe von Aminosäuren, z.B. Arginin und Lysin, beeinflussen. Diese Strategien wurden vor allem in Rotterdam und in Mailand entwickelt. Neue Erkenntnisse dazu wurden auch beim internationalen Symposion Radionuclide Therapy of Neuroendocrine Tumors Mitte März in Innsbruck vorgestellt.
Antioxidativer Schutz mit vielen offenen Fragen
Antioxidantien wie Selen und die Carotenoide spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Entzündungsreaktionen, wie jüngere Arbeiten einer Forschungsgruppe der Johns Hopkins University in Baltimore zeigen. Einfach gesagt: Ohne ausreichenden endogenen Schutz ist die allgemeine Mortalitätsrate in dieser Studie bei älteren Frauen höher, so Prof. Moncayo. Seine Untersuchungen bei Schilddrüsenpatientinnen und -patienten haben gezeigt, dass ein niedriger Selengehalt besonders bei subakuten Entzündungen und auch Schilddrüsentumoren zu finden ist. Prof. Moncayos Arbeiten zum Thema Antioxidantien erfordern kräftige Unterstützung durch die Labormedizin. Hier läuft eine Kooperation mit Dr. Heribert Talasz von der Sektion für Klinische Biochemie. Prof. Moncayo interessiert sich besonders für die molekularen Vorgänge, die mit Entzündung oder Tumorentwicklung bei Selenmangel zu erwarten sind. Die Thematik Selen, Selenoproteine und Selen-abhängige Enzyme bzw. Gene, wie zum Beispiel GPx1, muss in weiteren Forschungsarbeiten geklärt werden.