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Sicher ist sicher

Mit einem neuen und weltweit bisher einmaligen Sicherheitssystem, das von der Innsbrucker Firma ITH entwickelt wurde, werden derzeit Patienten der Universitätsklinik für Orthopädie im Zentral-OP zusätzlich geschützt. Die ersten Erfahrungen mit dem System "ProAct" zeigen, dass damit ein weiteres Sicherheitsnetz gespannt werden kann ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im OP zusätzlich zu belasten.

In den 54 Operationssälen der Innsbrucker Klinik werden jährlich über 44.000 Patienten operiert. Um dabei möglichst jeden Fehler zu vermeiden, gibt es verschiedene Kontrollmaßnahmen. Trotz größter Sorgfalt kann es jedoch – wenn auch sehr selten – vorkommen, dass bei der Übergabe eines Patienten ein Fehler passiert und dadurch im Extremfall falsche Behandlungen durchgeführt werden könnten. Das von ITH entwickelte System beugt solchen Eventualitäten vor.

Kontaktlos und im Hintergrund

Die Patienten erhalten einen kleinen Sender an das bereits übliche Plastikarmband, das über die Identität des Patienten informiert. Wird ein Patient in den OP-Bereich geschoben, so wird er in der „Schleuse“ vom OP-Team übernommen. Bereits hier nimmt der kleine Sender über eine Antenne, die sich im Vorbereitungsraum befindet, Kontakt mit dem Sicherheitssystem „ProAct“ auf. Die Software ist mit den entsprechenden Informationssystemen im OP verbunden und prüft, ob dieser Patient überhaupt im OP-Plan vorgesehen ist und, ob er sich im Vorbereitungsraum zum entsprechend zugeteilten OP befindet. Diese Prüfung findet völlig selbstständig statt ohne dabei das OP-Team zu belasten. Aktiv wird „ProAct“ erst dann, wenn es zu Diskrepanzen kommt, also ein nicht vorgesehener Patient in den OP-Bereich oder aber ein eingeplanter Patient zum falschen OP bebracht wird. Sollte einer dieser beiden Fälle eintreten, dann schlägt „ProAct“ Alarm, indem ein Warnton im Raum ertönt, eine entsprechende Information auf dem Monitor des OP-Koordinators erscheint und dieser zusätzlich einen Warnhinweis auf seinem DECT-Handy erhält.

Zusatznutzen für das OP-Team

In den allermeisten Fällen wird es jedoch ruhig bleiben, da der richtige Patient am richtigen Ort ist. Hier unterstützt „ProAct“ das OP-Team dadurch, dass die wichtigsten medizinischen Parameter und Informationen über die Blutkonserven, die für die entsprechende Operation relevant sind, automatisch auf einem Monitor erscheinen. Ist die Operation erfolgreich abgeschlossen und der Patient wird wieder aus dem OP-Bereich hinaus geschoben, dann informiert das System die OP-Termin- und Ressourcenplanungssysteme und unterstützt damit zusätzlich eine effiziente Auslastung des OPs. Seit Februar 2006 läuft ein erstes Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Orthopädie. Die Ergebnisse sind bisher äußerst zufrieden stellend. Franz Mannsberger, OP-Manager im Zentral-OP: „Um die komplexen Arbeitsprozesse in einem Operationsbereich koordinieren und jederzeit die Sicherheit des Patienten gewährleisten zu können, brauchen wir die richtige Information zur richtigen Zeit. ProAct unterstützt uns hier perfekt, weil es kontinuierlich im Hintergrund läuft und uns nur dann, wenn es notwendig ist – zuverlässig und ortsunabhängig – informiert.“ Ähnlich sehen dies auch der Ärztliche Leiter der Innsbrucker Klinik, Prof. Wolfgang Buchberger und der Vorstand der Universitätsklinik für Orthopädie, Prof. Martin Krismer: „In einem OP geht es oft hektisch zu. Wir tun viel für die Verbesserung der Sicherheit unserer Patienten. Aber wie überall, wo Menschen zusammenarbeiten, kann es zu Fehlern kommen. Ein zusätzliches Sicherheitssystem, das noch dazu völlig selbstständig im Hintergrund arbeitet und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht belastet, ist da eine perfekte Ergänzung“, betont Wolfgang Buchberger. „Es freut mich, dass unserer Klinik an diesem Pilotprojekt beteiligt ist“, so Martin Krismer, „denn so können wir noch besser als bisher für unsere Patienten arbeiten und haben auch die Chance an der Entwicklung teilzunehmen. Ein großer Zusatznutzen ist es, dass das System alle relevanten Informationen zur entsprechenden Operation automatisch auf einen Monitor einspielt.“

Intelligente Technik, ...

„ProAct“ basiert auf der RFID (Radio Frequency Identification) Technologie, die bisher vor allem im Bereich der Logistik und für den Diebstahlschutz im Handel eingesetzt wurde und die im medizinischen Umfeld, speziell im OP-Bereich, weltweit erstmals eingesetzt wird. Eine besondere Herausforderung für die Umsetzung eines Multipurpose-RFID-Systems in diesem sehr sensiblen Umfeld stellte dabei die Wahl der geeigneten Hardware dar. Die „Tags“ müssen sich direkt am Patienten und damit in unmittelbarer Nähe von Flüssigkeiten anbringen lassen. Außerdem kommt es in einem OP aufgrund der vielen metallischen Gegenstände (Betten, Türen, Medizingeräte, etc.) zu hohen Abschirmungserscheinungen. Um die empfindlichen medizintechnischen Geräte nicht zu beeinflussen, muss die Strahlung dennoch extrem gering gehalten werden. Gelöst wurde dieses Dilemma mittels eines semi-aktiven RFID-Systems, das mit einer geschickten Positionierung der Hardware-Komponenten und einer intelligenten Ansteuerung durch das Hintergrundsystems optimiert wird. Damit kann die Strahlung sehr gering gehalten werden ohne die Übertragungsqualität zu gefährden.

... die Betriebssicherheit und Datensicherheit gewährleistet

Mit dieser Lösung ist es ITH auch zum ersten Mal gelungen, eine entsprechende Betriebsgenehmigung durch den TÜV (Technischer Überwachungsverein) zu erhalten. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Sicherheit der Patientendaten. Diese konnte dadurch gewährleistet werden, dass der „Tag“ am Patientenarmband keine personenbezogenen Daten enthält. Er sendet lediglich eine Identifizierungsnummer, die von der Software im Hintergrund mit den Patientendaten verknüpft wird, die wiederum in den speziell geschützten Datenbanken der Klinik liegen. Der „Tag“ fungiert damit so zu sagen als Schlüssel. Gerät er in falsche Hände, so hat er keine Funktion und ist daher völlig nutzlos. Außer der besagten Identifizierungsnummer lässt sich nichts auslesen.

Weitere Anwendungen möglich

Die Anwendungsmöglichkeiten von „ProAct“ erschöpfen sich jedoch nicht nur auf die Patientensicherheit. Die Technologie ist so ausgelegt, dass auch medizinische Geräte mit einem „Tag“ ausgestattet werden können. Dadurch lassen sich diese Geräte, je nach Antennendichte, sehr genau orten, was die Verfügbarkeit deutlich erhöht. Dies wiederum ist die Grundlage dafür, medizinische Geräte zu poolen und sie nicht ständig vorhalten zu müssen. Wird ein Gerät benötigt, dann kann man mit Hilfe der Software sehr schnell das nächste verfügbare identifizieren. „ProAct“ hilft dadurch die Kosten zu senken. Darüber hinaus wäre es auch möglich, dass die Geräte betriebswichtige Informationen über Betriebstunden oder Wartungsbedarf senden. Damit kann sichergestellt werden, dass alle verfügbaren Geräte jederzeit einsatzbereit sind. Ein ebenfalls wichtiger Aspekt ist die Diebstahlsicherung. Entsprechend ausgerüstete Geräte können „Alarm schlagen“ wenn sie von nicht autorisierten Personen bewegt werden oder bestimmte, vorher definierte Grenzen (Stockwerke, Gebäude, etc.) überschritten werden.

Die Einsatzmöglichkeiten von „ProAct“ sind somit sehr vielfältig. Dieser Tage wird das neue System auf der ITeG, der größten deutschsprachigen IT-Messe für das Gesundheitswesen, in Frankfurt erstmals einem breiten Fachpublikum vorgestellt. Parallel dazu läuft der Testbetrieb an der Universitätsklinik für Orthopädie weiter, um entsprechende Grundlagen dafür zu erhalten, wie und in welchem Ausmaß ein Einsatz von „ProAct“ künftig sinnvoll und möglich sein kann.