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Experiment: Offene Begutachtung

Der Skandal um den südkoreanischen Genforscher Hwang Woo Suk hat das wissenschaftliche Publikationswesen schwer erschüttert. Kaum verwunderlich, war mit 'Science' doch eine der meistbeachteten wissenschaftlichen Zeitschriften involviert. Das gängige Gutachterverfahren scheint in diesem Fall versagt zu haben. Eine neue Zeitschrift möchte nun mit einem offenen Begutachtungsverfahren ein verändertes Peer-Review-System etablieren.

Die Open Access-Zeitschriften haben in den letzten Jahren den wissenschaftlichen Publikationsmarkt gehörig durcheinander gebracht. Die exorbitant steigenden Kosten für herkömmliche, wissenschaftliche Fachzeitschriften hatten Forschungsförderer, akademische Einrichtungen und Wissenschaftler nach Alternativen suchen lassen. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Initiativen und Verlagen, die offene Zeitschriftenprojekte anbieten und damit auch recht erfolgreich agieren. So bringt es das 2003 gestartete PLOS Biology inzwischen bereits auf 13,9 Impactpunkte, auch die Zeitschriften von BioMed Central verzeichnen Impactfaktoren von bis zu 5 Punkten. Nun holen diese Zeitschriften zum nächsten Schlag gegen den etablierten Publikationsmarkt aus. Das lange Zeit sakrosankte Gutachtersystem steht nach den Skandalen der vergangenen Monate plötzlich zur Diskussion. Und es ist wieder ein Open Access-Zeitschrift, die hier neue Wege gehen möchte. Das Anfang Februar erstmals erschienene ‚Biology Direct’ versucht es mit einem offenen Peer-Review-Verfahren.

Das Ende der Anonymität

Das wissenschaftliche Gutachterwesen war bisher sehr um Anonymität bemüht. Autor und Gutachter hatten dabei keinerlei Kontakt. So sollte verhindert werden, dass es bei negativen Urteilen zu ‚Racheakten’ an Gutachtern kommt. Das neue Fachblatt geht nun einen ganz anderen Weg: In einem offenen Verfahren sollen die Autoren selbst drei Mitglieder aus einem Gutachtergremium wählen und um Begutachtung ihrer Arbeit oder Weiterleitung an geeignete Experten bitten. Auftretende Unklarheiten können dann auch gleich zwischen Autor und Gutachter direkt besprochen werden. Der Autor kann auf Verbesserungsvorschläge eingehen oder diese auch ignorieren, dem Gutachter wird die Möglichkeit eingeräumt, seine Kritik gemeinsam mit dem Beitrag zu veröffentlichen. Dass die Zeitschrift damit ein Experiment startet, gestehen selbst die Herausgeber ein. Im Editorial der ersten Ausgabe heißt es denn auch: „Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass mittelmäßige und auch gänzlich falsche Beiträge in die Zeitschrift gelangen und in einigen Fällen die Gutachten dies auch nicht klar kennzeichnen werden.“ Aber dies sei eben auch im herkömmlichen System nicht auszuschließen, so die Herausgeber. Dass die Autoren ihre Gutachter selbst wählen können, hat nach Ansicht einer der Mitherausgeberinnen von 'Biology Direct', Laura Landweber, einen weiteren Vorteil: „Die Autoren können Gutachter wählen, die ihre Arbeit auch verstehen, denn in vielen neuen Forschungsgebieten der Biologie ist es schwierig, einen fachkundigen Gutachter zu finden, was ein Teil der Probleme des gängigen Gutachterverfahren ausmacht.“ Die direkte Kommunikation zwischen Autor und Gutachter wird von Experten freilich kritisch beurteilt. Um die derzeitigen Probleme zu adressieren, sei die Abschaffung der Anonymität nämlich gar nicht notwendig.

Das Publikationswesen hat heute entscheidenden Einfluss auf die Beurteilung wissenschaftlicher Leistungen. Umso wichtiger ist es, dass jedes Begutachtungsverfahren transparent und allgemein nachvollziehbar ist. Das Experiment ‚Biology Direct’ kann vielleicht etwas dazu beitragen. Veröffentlicht werden zunächst Beiträge aus den Fachgebieten Genetik, Bioinformatik und Systembiologie, ein Bereich zur Immunologie soll bald folgen. Später soll das Spektrum der Zeitschrift auf alle Bereich der Biologie ausgedehnt werden.