Zur Rolle der Frau in der Forschung
Das Geschlechterverhältnis in der industriellen und akademischen Forschung ist nach wie vor von einer großen Schieflage gekennzeichnet. Vergangene Woche wurde an der Uni Innsbruck über die Situation und die Chancen von Frauen in der Forschung diskutiert. Der Workshop wurde vom Kompetenzzentrum Medizin Tirol (KMT) initiiert und brachte Interessierte aus Universitäten und Wirtschaft zusammen.
Obwohl die Studentinnen ihre männlichen Kollegen seit geraumer Zeit an den Universitäten in die Minderheit verwiesen haben, sind Frauen in höheren Funktionen sowohl in der industriellen Forschung als auch im akademischen Sektor nach wie vor in der Minderzahl. Je weiter nach oben in der beruflichen Hierarchie der Blick sich richtet, desto kleiner wird die Zahl der Wissenschaftlerinnen. Dr. Ingrid Schacherl vom Joanneum Wien hat dies am Donnerstagnachmittag den Besuchern mit vielen Zahlen noch einmal deutlich vor Augen geführt. Der internationale Vergleich schmeichelt Österreich hier wenig, nimmt es doch innerhalb der EU-15 nur den vorletzten Platz ein. In einer Studie über den kooperativen Bereich der Forschungslandschaft konnte Schacherl zeigen, dass sich diese Situation auch in den Kompetenzzentren und den industrienahen, geförderten Forschungseinrichtungen widerspiegelt. Es gibt sowohl an den Universitäten als auch in den Unternehmen gläserne Decken, an die Frauen auf ihrem Karriereweg unweigerlich stoßen. Zum einen orientieren sich wissenschaftliche Karrieremodelle stets an Normalbiografien, die Frauen selten erfüllen wollen und können, zum anderen gibt es nachweislich so etwas wie eine geschlechtshomogene Kooptation, das heißt die Bevorzugung von Männer in Auswahlverfahren durch ihre Geschlechtskollegen (Old Boy Network).
Vielfältige Maßnahmen notwendig
Um diese Situation zu verbessern, müssen Maßnahmen getroffen werden, so Ingrid Schacherl, die ohnehin seit Jahren schon gefordert werden: Aktivitäten stärken, die Frauen in Leitungspositionen befördern, das Gender Mainstreaming umsetzen, die Gender Studies vor allem in den naturwissenschaftlichen Fächern ausbauen, flexiblere Arbeitszeitmodelle, attraktive familiäre Betreuungsangebote und flexiblere Karrieremöglichkeiten, die auch eine Durchlässigkeit zwischen dem industriellen und dem akademischen Sektor herstellen. Dr. Barbara Frick, Gender-Beauftragte bei KMT, stellte jene Maßnahmen vor, die derzeit im Bereich der Forschungsförderung speziell auf die Situation der Frauen zugeschnitten sind. Im Mittelpunkt stand dabei das vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung initiierte nationale Programm fFORTE, in dem drei Ministerien ihre Bemühungen für Frauen in der Forschung bündeln.
Auf die Hälfte des intellektuellen Potenzials nicht verzichten!
Wir können es uns nicht leisten, auf 50 % des intellektuellen Potenzial zu verzichten, sagte Prof. Georg Wick in der abschließenden Diskussion. Der Brain drain nach innen könne durch gezielte Sofortmaßnahmen in den jeweiligen Bereich verringert werden. Dazu nannte Wick eine Reihe von relativ einfachen Maßnahmen, wie er sie zum Beispiel als FWF-Präsident in der Forschungsförderung durchgesetzt hat. Weniger optimistisch sahen dies die beteiligten Frauen: Prof. Sabine Schindler verwies auf die existierenden gesellschaftlichen Klischees, die die Frauen selbst daran hindern, in entsprechende Positionen aufzusteigen. Deshalb sehe sie sich in ihrer Funktion auch als Vorbild für junge Frauen. Auch Prof. Hildegunde Piza verlangte, dass Frauen Frauen bleiben sollten und nicht den Männern nacheiferten. Die anwesenden Unternehmerinnen verwiesen auf ganz praktische Probleme. Dr. Barbara Fitzky und Dr. Ingrid Kohl haben beide den akademischen Sektor verlassen, um in Unternehmen führende Positionen einzunehmen. Fitzky, Geschäftsführerin von Amynon Biotech, bemüht sich um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in ihrem Unternehmen, gleichwohl sei es oft sehr schwierig dieses aufrechtzuerhalten. Bei Bewerbungen erlebe sie es immer wieder, dass Frauen trotz fachlicher Qualifikation nicht die Eigenschaften mitbrächten, um Arbeitsgruppen zu führen. Die Frauen wollen meist wenig Verantwortung übernehmen, es fehlt vielen einfach am Selbstvertrauen, so Barbara Fitzky. Ingrid Kohl von Ionimed Analytik hob die Vorteile der industriellen Forschung hervor, die wesentlich mehr Raum für kreatives Schaffen und Management-Fähigkeiten böten: Hier kann ich mich mehr einbringen als auf der Universität, so Kohl.