search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

Wenn körpereigene Hormone Krebszellen töten

Einem lange bekannten, aber dennoch überraschenden Phänomen ist die Arbeitsgruppe von Prof. Reinhard Kofler auf der Spur. Sie untersucht den durch das Hormon Glucocorticoid (GC) ausgelösten Zelltod von akuten lymphoblastischen Leukämiezellen im Kindesalter. Nach einer umfassenden Genexpressionsanalyse konnten die Forscher nun eine relativ kleine Zahl von Genen identifizieren, die die GC-induzierte Apoptose möglicherweise auslösen. Dieses wegweisende Ergebnis wurde vor kurzem in der Zeitschrift Blood veröffentlicht.

Die Glucocorticoide (GC) haben vielfältige physiologische Wirkungen. Sie beeinflussen den Stoffwechsel, den Wasser- und Elektrolythaushalt, das Herz-Kreislaufsystem und das Nervensystem. Ferner wirken sie entzündungshemmend und immundepressiv. Sie üben ihre Effekte über die Regulation der Expression von Genen aus. Diese GC-regulierten Gene werden von der zu gleichen Teilen in der Sektion für Molekulare Pathophysiologie und am Tiroler Krebsforschungsinstitut untergebrachten Gruppe durch die Erstellung von Genexpressionsprofilen identifiziert. Dies erfolgt in der im Vorjahr errichteten „Gene Discovery Core Facility“ der Medizinischen Universität, deren „Gene Expression Profiling“-Einheit von der Gruppe um Prof. Kofler betrieben wird. „Um aus den vielen, durch Glucocorticoide regulierten Genen jene herauszufischen, die für Zelltodinduktion und nicht andere der zahlreichen durch Glucocorticoide vermittelte Effekte verantwortlich sind, werden vergleichende Untersuchungen mit biologischen Systemen, in denen Glucocorticoid Zelltod auslösen kann oder aber nicht, durchgeführt“, erklärt Prof. Reinhard Kofler. „Die so identifizierten ‚Kandidatengene’ werden dann mit aufwendigen gentechnologischen Verfahren (lentiviral-betriebene, konditionelle Genüberexpression und Genausschaltung) auf ihre tatsächliche funktionelle Bedeutung im Zelltodgeschehen untersucht“, so Kofler weiter.

Studie weist neuen, vielversprechenden Weg

In der aktuellen Studie wurde in Kooperation mit Prof. Bernhard Meister von der Kinderklinik zum ersten Mal bei Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie, jene Gene identifiziert, die unter Glucocorticoid-Therapie geregelt waren. „Diese Gene wurden mit solchen verglichen, die in experimentellen Systemen (ex vivo behandelte Leukämiezellen, diverse, genetisch modifizierte Zelllinien, Mäusethymozyten, etc.) durch Glucocorticoide geregelt sind“, erläutert Erstautor Dr. Stefan Schmidt, „wobei hier zum ersten Mal das gesamte Genom, also alle isolierten und vorhergesagten Gene, abgefragt wurden.“ Dadurch entstand eine Datenbank von GC-regulierten Genen in Patienten und experimentellen Systemen. „Die Studie zeigte einerseits, dass eine Reihe von Hypothesen, die in experimentellen Systemen entwickelt wurden, nicht auf die Situation im Patienten übertragbar sind und identifizierte andererseits eine relativ kleine Zahl von Genen, die nun als Hauptkandidaten für die GC-induzierte Apoptose angesehen werden können und gegenwärtig funktionell ausgetestet werden.“ Ein besonders attraktives, derzeit funktionell aber noch nicht abgeklärtes Kandidatengen ist die Phosphofruktokinase 2, ein Schlüsselenzym des Glukosestoffwechsels. Seine Deregulation könnte ein essentielles Todessignal darstellen. „Über das Verständnis der GC-induzierten Apoptose versuchen wir die Mechanismen der GC-Resistenz zu verstehen und damit verbesserte Therapieansätze zu entwickeln, die die bisher notwendige Kombinationstherapie mit Chemotherapeutika verbessern könnte“, so Prof. Kofler abschließend. Unterstützt wurden die Forschungsarbeiten im Rahmen des SFB „Zellproliferation und Zelltod in Tumoren“ und dem Genforschungsprogramm GEN-AU sowie durch die Europäische Union.