Muskel-Gen macht schlapp
Eine intrazelluläre Untereinheit eines Kalziumkanals im Skelettmuskel scheint für die räumliche Anordnung dieses Spannungssensors in der Muskelzelle verantwortlich zu sein. Diese ist notwendig für die richtige Umsetzung des Nervenimpulses in eine Muskelkontraktion. Darüber berichten die Forscher um Prof. Manfred Grabner vom Department für Medizinische Genetik, Molekulare und Klinische Pharmakologie in den Proceedings of the National Academy of Sciences.
Über den elektrischen Impuls von Nerven wird im Skelettmuskel der sprunghafte Anstieg der intrazellulären Kalziumkonzentration stimuliert und so die Muskelkontraktion ausgelöst. Der entsprechende Erregungs-Kontraktions-Kopplungsapparat der Zelle besteht aus zwei Kalziumkanälen, dem Spannungssensor (Dihydropyridinrezeptor) in der Zellwand und dem intrazellulären Kalzium-Freisetzungskanal (Ryanodinrezeptor). Die Forscher um Prof. Manfred Grabner von der Sektion für Biochemische Pharmakologie und Prof. Bernhard Flucher von der Sektion für Physiologie konnten vor kurzem zeigen, dass die räumliche Anordnung der beiden Kalziumkanäle eine entscheidende Rolle für die Funktion des Kopplungsapparats spielt. Im Skelettmuskel sind jeweils vier Spannungssensoren mit darunter liegenden Freisetzungskanälen in direktem Kontakt (Tetraden). Ist diese geometrische Anordnung gestört, funktioniert die Erregungs-Kontraktions-Kopplung nicht und die Muskelkontraktion wird nicht mehr aktiviert.
Idealer Modellorganismus
Johann Schredelseker aus der Gruppe von Prof. Grabner untersuchte nun eine Zebrafisch-Mutante mit kompletter Skelettmuskel-Lähmung. Dabei zeigte sich, dass bei dem Fisch zwar beide Kalziumkanäle vorhanden sind, die so genannte Beta1a-Untereinheit des Dihydropyridinrezeptors aber aufgrund einer Punktmutation fehlt. Mit dem Zebrafisch steht dabei ein Modellorganismus zur Verfügung, der aufgrund der Hautatmung trotz defekter Skelettmuskulatur relativ lange überlebt und damit die Arbeit an voll ausdifferenzierten Muskelzellen ermöglicht. Die Innsbrucker Forscher konnten diese Zellen isolieren und deren Funktion in Primärkultur untersuchen.
Erfolgreiche Zusammenarbeit
In Kooperation mit der bekannten Expertin für Elektronenmikroskopie Prof. Clara Franzini-Armstrong vom Department of Cell and Developmental Biology der University of Pennsylvania, konnten die Forscher nachweisen, dass das Fehlen der Beta1a-Untereinheit offensichtlich die notwendige geometrische Anordnung der Kalziumkanäle in Tetraden unterbindet. In den mutierten Muskelzellen liegen diese ungeordnet in der Zellmembran, und die Kopplung zwischen Spannungssensor und Freisetzungskanal unterbleibt. Die Beta1a-Untereinheit scheint somit für die essentielle räumliche Anordnung der Kalziumkanäle mitverantwortlich zu sein.
Den Innsbrucker Wissenschaftlern steht nun ein idealer Modellorganismus für die Untersuchung der Erregungs-Kontraktions-Kopplung in Skelettmuskelzellen zur Verfügung. Unterstützt wurde dieses Projekt vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Österreichischen Nationalbank.