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Den Grundlagen des Lebens auf der Spur

Nach der Entschlüsselung des menschlichen Genoms konzentrieren viele Wissenschaftler derzeit ihre Forschung auf die Frage, wie die Gene eines Genoms exprimiert und wie diese Expression kontrolliert wird. Nicht-Protein-kodierende RNAs spielen dabei eine entscheidende Rolle. Wiener Bioinformatiker haben ein Programm zur Identifikation so genannter RNA-Gene entwickelt. Sie berichten darüber gemeinsam mit Prof. Alexander Hüttenhofer und Melanie Lukasser vom Biozentrum Innsbruck in der Zeitschrift Nature Biotechnology.

Den Grundlagen des menschlichen Lebens scheinen wir durch die Entschlüsselung des Genoms ein Stück näher gekommen zu sein. Freilich zeigt sich, dass damit zwar die Bausteine des Lebens bekannt sind, der Bauplan des Lebens aber noch viele Geheimnisse in sich trägt. In der “Post-Genomic-Ära“ ist die wichtigste Fragestellung, wie genetische Information in Proteine/Enzyme übersetzt wird. Damit kommt der Regulation der Genexpression eine zentrale Bedeutung in der heutigen Genomforschung zu. Nicht-Protein-kodierende RNAs scheinen dabei eine entscheidende Rolle zu spielen. Die Forscher wissen zum Beispiel seit kurzem, dass die so genannten microRNA, 21 Nukleotide lange Moleküle, als genetische Schaltelemente fungieren, die die Expression von bestimmten Zielgenen an- und ausschalten können.

Vereinfachte Suche

Wiener Bioinformatiker um Ivo Hofacker vom Institut für theoretische Chemie haben ein einzigartiges Computerprogramm entwickelt, das die DNA auf so genannte RNA-Gene durchsucht. Die experimentell schwierige Suche nach den funktionellen RNAs wird durch dieses Programm stark vereinfacht. Sehr schnell und mit großer Genauigkeit können die Wissenschaftler nun jene Regionen im Genom bestimmen, aus denen solche RNAs entstehen. Die Software orientiert sich dabei einerseits an der thermodynamischen Stabilität, die durch die Faltung des Moleküls entsteht. Andererseits wird die evolutionäre Konservierung analysiert. Bleiben die Strukturen über mehrere Modellorganismen, zum Beispiel von der Maus bis zum Menschen stabil, dann deutet dies ebenfalls auf eine RNA-Struktur hin. Prof. Alexander Hüttenhofer hat mit seinem Team von der Sektion für Genomik und RNomik einige Kandidaten-Gene experimentell überprüft und konnte die hohe Zuverlässigkeit der Methode bestätigen. „Diese Ergebnisse werden nicht morgen schon neue Therapien begründen“, betont Prof. Hüttenhofer, „das Wissen über die Funktion dieser Moleküle ist aber von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Genregulation.“ Der Innsbrucker Molekularbiologe unterstreicht damit die Bedeutung der Grundlagenforschung, deren Erkenntnisse oft erst nach vielen Jahren in konkrete Anwendungen münden. „Dafür in der Öffentlichkeit Verständnis zu schaffen und unsere Forschung als notwendigen Weg zur Gewinnung neuer Therapien darzustellen, ist uns sehr wichtig“, so Hüttenhofer.

„Hot topic“

„Unsere Kooperation mit den Wiener Bioinformatikern kam im Rahmen des Österreichischen Genomforschungsprogramms GEN-AU zustande“, erklärt Prof. Hüttenhofer. Die erfolgreiche Zusammenarbeit wird nun in einem österreichweiten GEN-AU-Verbundprojekt weitergeführt, das vor kurzem genehmigt wurde. In dem von Alexander Hüttenhofer und Norbert Polacek koordinierten Projekt mit einem Volumen von rund 2 Millionen Euro sind alle führenden RNA-Forscherinnen und -Forscher Österreichs, von René Schroeder bis Ronald Micura, zusammengeschlossen. Dass dieses Gebiet in der Wissenschaftscommunity derzeit auf größtes Interesse stößt, zeigt auch die Tatsache, dass ein aktueller Review-Beitrag über Nicht-Protein-kodierende RNAs in der Zeitschrift „Trends in Genetics“ zum meistgelesenen Artikel gekürt wurde. Darin hatten Hüttenhofer und Polacek gemeinsam mit ihrem amerikanischen Kollegen Peter Schattner das wissenschaftliche Potential der Nicht-Protein-kodierenden RNAs ausgelotet.