Auf den Spuren der Tibetischen Medizin
Mitte August war Prof. Florian Überall als Vertreter des Biozentrums Innsbruck zu einer privaten Veranstaltung mit seiner Heiligkeit dem 14. Dalai Lama in die Schweiz eingeladen. Dort wurde er für seine biochemischen Forschungen zu den Inhaltsstoffen der traditionellen Tibetischen Medizin vom Dalai Lama geehrt. Dabei betonte das spirituelle und politische Oberhaupt der Tibeterinnen und Tibeter die Wichtigkeit der wissenschaftlichen Erforschung der Tibetischen Medizin.
Die Suche nach wirksamen und verträglichen Naturstoffen erlebt derzeit weltweit einen großen Aufschwung. Auch an der Medizinischen Universität Innsbruck wird daran geforscht. In den Labors der Sektion für Medizinische Biochemie am Biozentrum Innsbruck arbeitet Prof. Florian Überall neben seinem Schwerpunkt Molekulare Krebsforschung an der Aufklärung von Naturstoffen für eine verbesserte Tumortherapie. Dabei werden strukturaufgeklärte Einzelsubstanzen genauso untersucht wie überlieferte Mischungen von Ethnomedizinformen rund um den Globus. Mit modernsten biochemisch-molekularbiologischen Tests und neuen Genanalyse-Verfahren (Bio-Chip-Analysen) werden die Auswirkungen dieser Substanzen auf die Zellfunktionen gesunder sowie entarteter Gewebekulturen erforscht.
Fortschritte für die Tumorforschung
Der Wissenschaftler, der auch Sprecher der Gene Discovery Core Facility der Medizinischen Universität ist, konnte mit seinen Mitarbeitern und in Zusammenarbeit mit Prof. Dietmar Fuchs dabei zeigen, dass Inhaltsstoffe einer tibetischen Kräutermischungen den entzündungsbedingten Abbau der essentiellen Aminosäure Tryptophan verhindert. Gemeinsam mir Prof. Fuchs und Dr. David Bernhard von der Sektion für Experimentelle Pathophysiologie und Immunologie konnte gezeigt werden, dass die Rezeptur den programmierten Zelltod (Apoptose) von menschlichen Zellen beeinflusst. Deshalb sieht Überall hier großes Potential für die Krebsforschung. Wir finden in Tibetischen Medizinrezepturen hochpotente Stoffe, mit denen wir Vorgänge im Inneren der Tumorzelle und bei Entzündungsprozessen ohne schwere Nebenwirkungen beeinflussen können, erklärt Prof. Überall. Ziel ist es dabei die von Tumorzellen selektiv erworbenen Eigenschaften wieder in das normale Zellprogramm rückzuschreiben.
Hohe Anerkennung
Seine Liebe zu Tibet und seiner Medizin hat Florian Überall schon vor Jahren entdeckt. Erstmals traf er 1997 mit Seiner Heiligkeit zusammen. Im Jahre 2003 war er ebenfalls Ehrengast einer Besuchsdelegation beim Dalai Lama anlässlich seines Kongressaufenthaltes 2nd International Congress on Tibetan Medicine in Washington D.C. USA. Nun war dieser zu Besuch in der Schweiz und nutze die Gelegenheit dem Innsbrucker Forscher für dessen Interesse an der traditionellen Medizin seiner Kultur zu danken. Im zürcherischen Wetzikon besuchte das tibetische Oberhaupt die Padma AG, die einzige Herstellerin von pflanzlichen Heilmitteln auf der Grundlage tibetischer Rezepturen in Europa. Dabei überreichte er Überall den Dank seines Volkes für dessen Forschungstätigkeit. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit ist Prof. Überall auch Gründer und Vorstand des Informationszentrums für Tibetische Medizin in Telfs.
Weiser Lehrer
Lehrer, dessen Weisheit so groß wie der Ozean ist. Dies ist die wörtliche Übersetzung des mongolisch-tibetischen Titels Dalai Lama. Verliehen wurde er erstmals Ende des 16. Jahrhunderts durch den Mongolenfürsten Altan Khan. Der mit dem Titel versehene Gelehrte gehörte einer Schule an, die im folgenden Jahrhundert ihre Vormachtsstellung bis nach Tibet ausbauen konnte. Seitdem wird der Dalai Lama als Inkarnation des Bodhisattvas Avalokiteshvara verehrt, wobei jeder Dalai Lama als Wiedergeburt des vorausgegangenen Dalai Lama gilt. Gemäß der Tradition vereinigt auch Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso in seiner Person die spirituelle und politische Autorität des tibetischen Volkes. Im Jahre 1989 erhielt Seine Heiligkeit den Friedensnobelpreis.