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Suchtforschung: Neue Antworten auf klassische Fragen

Bei der kürzlich zu Ende gegangenen Tagung der Internationalen und der Europäischen „Society for Neurochemistry“ befassten sich 1.000 internationale Gehirnforscher – darunter ein Nobelpreisträger - mit hoch brisanten Themen: Alzheimer, Parkinson, grundlegende Mechanismen der Sucht, Zelltransplantation um nur einige zu nennen.

Im Rahmen der Tagung konnten einige neue Antworten auf klassische Fragen der Suchtforschung gegeben werden. Ein Thema war dabei auch die Forschungsarbeit des Veranstalters der Tagung und Leiters der Abteilung für Neurochemie der Innsbrucker Universitätsklinik für Psychiatrie, Univ.-Prof. Alois Saria, der gemeinsam mit KollegInnen neue Erklärungen dafür gefunden hat, was Abhängige dazu bewegt, sich selbst eine neue Dosis zu verabreichen.

Warum greift ein Abhängiger zum Suchtmittel? Wie reguliert er seinen Suchtmittelkonsum? Gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf ihre Suchtanfälligkeit? Wie kann man dem Abhängigen helfen, seine schädlichen Drogenkonsummuster zu verändern? Auf dem derzeit im Congress Innsbruck stattfindenden Neurochemie-Weltkongress diskutieren 1.000 Gehirnforscher aus 56 Nationen neue Antworten auf klassischen Fragen der Suchttherapie.

Ein wohlbekanntes Phänomen: Der wunderbare Geruch von frisch gebrautem Kaffee, der Anblick einer vollen Cappuccinotasse löst bei vielen Ex-Rauchern – oft noch nach vielen Jahren - eine starke Lust nach einer Zigarette aus. Prof. Donita Robinson von der University of North Carolina und Prof. Rob Hampson von der Wake Forest University haben entdeckt, welche Gehirnzellen in diesem Moment aktiv werden. Die Untersuchung der Aktivitätsmuster soll helfen, medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungen zu entwickeln, um diese fatale Verknüpfung zwischen Umweltreizen und Suchtmittelgier zu lösen.

Erinnerung als Suchtfaktor

Wenn einmal der Damm der Selbstbeherrschung von der Substanzgier überflutet und das Suchtmittel konsumiert wird, was regelt dann den weiteren Drogenkonsum? Hier hat die Gruppe von Prof. Alois Saria, Organisator des Kongresses und Leiter der Abteilung für Neurochemie an der Medizinischen Universität Innsbruck, international beachtete Spitzenforschung geleistet: Zusammen mit Prof. Gerald Zernig-Grubinger, Dr. Jose Crespo und Katja Sturm hat Prof. Saria entdeckt, dass der Abhängige sich die nächste Suchtmittelinjektion setzt, um bestimmte Blut- oder Gehirnspiegel der Droge aufrechtzuerhalten. Prof. Zernig-Grubinger: „Viel wichtiger als die genaue Einstellung des Suchtmittelpegels im Gehirn oder Blut scheint für den Abhängigen die Erinnerung an die Effekte der zuletzt erfolgten Einnahmen zu sein. Das heißt für die Suchttherapie, dass man dem Abhängigen helfen sollte, die Erinnerung an die letzten Einnahmen zu verändern – was in der psychotherapeutischen Behandlung Abhängiger teilweise schon geschieht. Leider fehlen uns dazu noch die geeigneten Medikamente. Hier eröffnen unsere Ergebnisse neue Wege in der Substanzentwicklung “

Erklärung für unterschiedliches Suchtverhalten bei Frauen und Männern

Die neurochemischen Grundlagen des bekannten Unterschiedes zwischen Männern und Frauen in Bezug auf die Suchtanfälligkeit haben Prof. Laura Dazzi und Prof. Giovanni Biggio von der Universität Cagliari erforscht: Östrogenspiegel – die bekanntlich während des monatlichen Zyklus stark schwanken und in der Menopause abfallen – bestimmen wesentlich, ob zum Beispiel das Suchtmittel Alkohol in bestimmten Hirnregionen Dopamin, einen „Glücksneurotransmitter“, freisetzen kann oder nicht. Damit wird neurochemisch erklärbar, warum der Konsum von Alkohol und anderen Drogen zu den verschiedenen Zeitpunkten im Monatszyklus der Frau so unterschiedliche Effekte haben kann und warum die Stimmung während des Zyklus so stark schwanken kann. Neue Antworten auf ein wohlbekanntes Phänomen.

„The Biennal Meeting of the International Society for Neurochemistry“ findet alle zwei Jahre abwechselnd in den USA, in Lateinamerika, Europa und Asien statt. Die letzten Austragungsorte waren Berlin, Buenos Aires und Hongkong, nächster Austragungsort ist Cancoun.