Das Huhn als Modell
Bisher waren sich Wissenschaftler uneinig, ob für die gesunde Knochenentwicklung die Knorpelkanäle eine Rolle spielen. In einem Projekt der Sektion für Klinisch-Funktionelle Anatomie, das im Journal of Anatomy mit einer Titelgeschichte gewürdigt wurde, konnte durch Untersuchungen bei Hühnern erstmals die entscheidende Bedeutung der Knorpelkanäle für die Knochenentwicklung bewiesen werden.
Die Frage, in wieweit die Knorpelkanäle eine wichtige Rolle für die gesunde Entwicklung von Knochen spielen, war bisher wissenschaftlich nicht geklärt. Im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Sektion für Klinisch-Funktionelle Anatomie unter der Leitung von Prof. Helga Fritsch konnte am Tiermodell des Huhns nun erstmals gezeigt werden, dass die Knorpelkanäle essentiell für die endochondrale Knochenbildung in den Epiphysen von langen Knochen sind. Diese Entdeckung war der Fachzeitschrift Journal of Anatomy deshalb auch eine Titelgeschichte wert. Die Wissenschaftler rund um Helga Fritsch und Dr. Michael Blumer untersuchten dabei eine große Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien (ontogenetische Reihe), um das erstmalige Auftreten der Kanäle und ihren Verlauf zu dokumentieren. Knorpelkanäle entspringen dem Perichondrium und enthalten Gefäße und mesenchymale Stammzellen. In den Epiphysen von langen Knochen (z.B. Femur, Tibia) bildet sich dann bei fortschreitender Entwicklung ein Knochenkern, und die Knorpelkanäle versorgen dieses sekundäre Ossifikationszentrum mit den Stammzellen und über die entsprechenden Blutgefäße mit Nährstoffen. Die Stammzellen haben die Eigenschaften von Knochenvorläuferzellen, und sie differenzieren sich im Knochenkern weiter aus zu Osteoblasten und Osteozyten.
Bereits Nachfolgeprojekt geplant
Das Modell Huhn wurde deshalb gewählt, weil hier in vergleichsweise kurzer Zeit verschiedenste Entwicklungsstadien untersucht werden konnten. Nun wollen die Innsbrucker Wissenschaftler in einem Nachfolgeprojekt, dass dieser Tage beim Fonds der Österreichischen Nationalbank eingereicht wurde, die gewonnenen Erkenntnisse auch bei Säugetieren anwenden und abklären, ob man zu gleichen Ergebnissen kommt. Um letztlich auch Aussagen zur Knochenentwicklung beim Menschen treffen zu können, müssen wir entsprechende Forschungen bei Säugern durchführen. Da die Knochentwicklung im Hinblick auf die Evolution ein sehr grundlegender Vorgang ist, gehen wir davon aus, hier die gleichen oder zumindest sehr ähnliche Ergebnisse zu erhalten, erklärt Michael Blumer. Für das Anschlußprojekt wurde nun die Ratte als Modell gewählt werde, da auch hier relativ schnell verschiedene Entwicklungsstadien untersucht werden können. Die damit gewonnenen Erkenntnisse sollen die Grundlage dafür bilden, Fehlbildungen bei der Knochenentwicklung, wie beispielsweise den Klumpfuß, zu erklären und diese künftig vielleicht verhindern zu können. Wir arbeiten derzeit erst an den Basisgrundlagen, um die Knochenentwicklung genau verstehen zu lernen. Erst dann wird es möglich sein, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Genforschung und mit Klinikern daran zu arbeiten, Fehlentwicklungen bei der Ausbildung der Knochen entgegen zu wirken. Das wird aber noch ein wenig dauern, erklärt Michael Blumer die weiteren Schritte und dämpft gleichzeitig die Erwartung nach schnellen Erfolgen.