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Immer der Nase nach

Von den Geheimnissen des Riechens sprach der deutsche Physiologe Prof. Hanns Hatt am Dienstag im Rahmen der Vortragsreihe des Naturwissenschaftlich Medizinischen Vereins. Bislang genoss das Riechen eher geringes Ansehen und war auch wissenschaftlich nur ein Randthema. Seit der Entdeckung der ersten Riechrezeptoren eröffnet sich den Forschern aber ein Feld mit ungeahnten Möglichkeiten.

Die ersten Frühlingsblüten und Parfüm, der Duft frischer Brötchen und Autoabgase – ständig sind wir von Gerüchen umgeben, nehmen diese bewusst aber oft gar nicht wahr. Und doch steuern die Düfte überraschend viele unserer Lebensprozesse. Die Nase des Menschen galt bislang als das am schlechtesten erforschte und geheimnisvollste Sinnesorgan. Von den geschätzten 350 verschiedenen Duft-Rezeptoren beim Menschen sind erst fünf bis sechs bekannt. Und auch die Verarbeitung der Signale beim Riechen birgt viele Rätsel. Der deutsche Physiologe Prof. Hanns Hatt von der Ruhr-Universität Bochum hat mit seinen Forschungsarbeiten vor acht Jahren den ersten Riechrezeptor beim Menschen entdeckt, jenen für den Meeresduft. Im vergangenen Jahr wurden Linda Buck und Richard Axel für die Entdeckung von Riechrezeptoren bei Ratten mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Die Riechforschung nahm in den letzten Jahren einen großen Aufschwung, bieten die neuen Erkenntnisse doch ungeahnte Möglichkeiten. Kennt man erst einmal die Rezeptoren und die entsprechenden Düfte, dann sind der Beeinflussung des Menschen durch Gerüche kaum mehr Grenzen gesetzt.

Der Duft weist den Weg

Nach dem Meeresduft stießen die Forscher um Hanns Hatt auf den Rezeptor für den Maiglöckchenduft. Durch einen Zufall entdeckten sie, dass das Riechen schon am Anfang des menschlichen Lebens eine entscheidende Rolle spielt. Die Rezeptoren für den Maiglöckenduft finden sich nämlich auch in den Hoden. Experimente zeigten, dass Spermien diese Rezeptoren zu Orientierung auf dem Weg zur Eizelle nutzen. Es wird vermutet, dass die Rezeptoren über Körperdüfte auch in der menschlichen Kommunikation – etwa bei der Partnerwahl oder in Angstsitutationen – eine wichtige Rolle spielen. Die Rezeptoren kommen aber auch in der Haut, der Prostata oder Tumoren vor, weshalb Prof. Hatt betont: „In der Riechforschung schlummert ein Potential, von dem wir noch gar keine Ahnung haben.“ Im Juni wird Prof. Hatt für seine Arbeiten mit dem Philip Morris Forschungspreis 2005 ausgezeichnet.

Schon früh zum Riechen gekommen

In München studierte Hanns Hatt Biologie, Chemie und Medizin und arbeitete kurzzeitig auch als Allgemeinmediziner, bevor er sich für die Wissenschaft entschied. Nach dem er lange an der Klinik rechts der Isar geforscht hatte, wurde er 1992 auf eine Professur für Zellphysiologie nach Bochum berufen. Seine Liebe zum Riechen entdeckte er schon sehr früh. So untersuchte er in seiner Diplomarbeit bereits das Riechen bei Schmetterlingen. Später ließ er das Riechen nie mehr aus dem Auge und erforschte die Riechsysteme von Flusskrebsen, Hummern und vielen Insekten. Über die Insekten arbeitet er mit seinem Team noch heute, und erst unlängst konnte er zeigen, dass diese über ein vom Menschen unterschiedliches Riechsystem verfügen. Bei Insekten arbeiten die Riechrezeptoren nur im Doppelpack. Erst die Kopplung von zwei Rezeptoren führt zu einer funktionsfähigen Struktur. Das den Duft erkennende spezifische Rezeptorprotein bildet ein Tandem mit einem allgemein vorkommenden Riechrezeptorprotein, wodurch die Empfindlichkeit für Duftmoleküle tausendmal höher wird. Hatt berichtete darüber in der Dezember-Ausgabe von „Nature Neuroscience“. Dieses Wissen eröffnet ganz neue Möglichkeiten für die Schädlingsbekämpfung, hindert doch die Blockade des allgemeinen Riechrezeptors die Insekten gänzlich am Riechen.