Wiedergeburt eines alten Sternes
Eine internationale Gruppe von Astrophysikern mit Innsbrucker Beteiligung nutzte ein Jahrhundertereignis zur Überarbeitung bisherigen Wissens. Ein alter Stern, der am Ende seines Lebens angekommen war, erwachte plötzlich zu neuer Aktivität. Dass dies unter anderen Bedingungen geschieht als bisher angenommen, konnten die Forscher nun in der Zeitschrift Science berichten.
Die Bedingungen, unter denen ein weißer Zwergstern seine nuklearen Schmelzöfen wieder entzündet, wurden bisher in Rechner simuliert. Der nun beobachtete Stern folgte diesen Modellrechnungen allerdings nicht. Das Ereignis lief 100-mal schneller ab als erwartet. Wir haben jetzt ein neues theoretisches Modell erarbeitet, und die Beobachtungen haben unsere Überlegung bestätigt, sagte Prof. Stefan Kimeswenger vom Innsbrucker Institut für Astrophysik. Die Astrophysiker studierten den Stern V4334 Sgr im Sternbild des Schützen. In Fachkreisen bekannt als Sakurais Object, benannt nach dem japanischen Amateurastronomen Yukio Sakurai, der ihn am 20. Februar 1996 entdeckte. Damals zeigte der Stern einen starken Helligkeitsanstieg. Zuerst glaubten Astrophysiker, dass der Ausbruch eine übliche Nova Explosion sei. Folgeuntersuchungen zeigten, dass Sakurais Object jedoch keine Nova war. Der Stern ist ein alter weißer Zwerg, der in seinem Inneren keinen Wasserstoff für Kernfusionsreaktionen mehr hatte. Die Forscher glauben, dass solche Sterne manchmal in einem letzten Aufflackern der Kernfusion in einer Schale aus Helium, welche einen Zentralbereich von Atomkernen aus Kohlenstoff und Sauerstoff umgibt, zünden. Allerdings ist der Ausbruch von Sakurais Object der erste in jüngerer Zeit beobachtete. Die Ausbrüche von CK Vul im Jahr 1670 und V605 Aql im Jahr 1918 dürften die einzigen bisher beobachteten Ausbrüche gewesen sein, die vom gleichen Phänomen verursacht wurden. In fünf bis sieben Milliarden Jahren wird auch unsere Sonne zu einem weißen Zwerg werden.
Schneller als im Modell
Die Rechner-Simulationen zeigen, dass durch den Stau der Hitze im Inneren des Sternes Konvektion einsetzt, die Wasserstoff von der äußeren Hülle in die brennende Helium-Schale hinunter bringt und so ein kurzes Aufflackern neuer Kernfusion verursacht. Dieser Vorgang bewirkt eine plötzliche Zunahme der Helligkeit. Die ursprünglichen Rechenmodelle sagten eine Zeitdauer von ein paar hundert Jahren voraus. Sakurais Object durchlief die ersten Phasen dieses Prozesses in wenigen Jahren, also 100-mal schneller als wir erwartet hatten. So mussten wir unsere Modelle überprüfen, so Prof. Kimeswenger. Die überarbeiteten Modelle prognostizierten, dass der Stern rasch die Gase seiner Hülle wieder erhitzen sollte. Genau dies wurde mit dem Radio-Interferometer VLA des NRAO in New Mexiko nachgewiesen. Die überragende Empfindlichkeit des acht Meter großen Teleskops der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile und die gute optische Auflösung des Hubble Weltraumteleskops wurden für unterstützende Beobachtungen in optischen Wellenlängen genutzt.
Es ist wichtig, diesen Prozess zu verstehen
Sakurais Object hat eine große Menge Kohlenstoff in den Weltraum ausgeworfen sowohl in Form von Gas als auch als Staubkörner, erläutert Kimeswenger. Diese werden ihren Weg in Regionen finden, wo sich aus dem Gas neue Sterne und die Staubkörner neue Planeten bilden. Einige in einem Meteorit gefundene Kohlenstoffkörner zeigen die für Sakurais Object berechneten Isotopenverhältnisse. Wir glauben, dass sie von solch einem Ereignis stammen. Unsere Ergebnisse deuten an, dass diese Art von Quellen für kosmischen Kohlenstoff weit wichtiger sein könnten, als bisher angenommen.
Die Forscher werden den Stern nun weiter beobachten. Sie gehen davon aus, dass er sich sehr schnell wieder erhitzen, und sein Maximum in wenigen Jahren erreichen wird. Dort wird er etwas verweilen und dann langsam wieder abkühlen. Etwa im Jahr 2200 sollte er dann zu seiner gegenwärtigen Temperatur zurückkehren. Schlussendlich soll es eine weitere Erhitzungsepisode geben, bevor der Stern in einer letzten Kühlung zur stellaren Schlacke wird.