search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

Heilkraft von Pflanzen besser erforschen

Seit kurzem verfügt Innsbruck über die österreichweit erste private Forschungseinrichtung, die sich ausschließlich mit der Erforschung und Entwicklung pflanzlicher Arzneimittel (Phytopharmaka) beschäftigt. Die Bionorica Research hat sich hier angesiedelt, weil sowohl das Forschungsumfeld an den beiden Universitäten als auch das wirtschaftliche Umfeld in Tirol entsprechend attraktiv ist.

Die Bionorica Research GmbH konnte aufgrund einer Kooperation der Österreichischen Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung in Zusammenarbeit mit der Tiroler Zukunftsstiftung, sowie durch die Investition der Bionorica AG in Neumarkt/Oberpfalz, der Muttergesellschaft der neuen Bionorica Research GmbH, gegründet werden. Die dafür notwendigen Investitionen in Höhe von 2,5 Millionen Euro werden zu je einem Viertel von Bund und Land sowie zur Hälfte von der Bionorica AG getragen. Der Förderzeitraum ist vorerst bis Anfang 2006 begrenzt. „Innsbruck ist für uns ein idealer Boden für die Etablierung dieser neuen Forschungsstätte“, betonte der Vorstand der Bionorica AG, Prof. Dr. Michael A. Popp, „denn durch das hohe in Innsbruck schon vorhandene universitäre Know-how sowie der Expertise von mehr als 60 Life-Science-Unternehmen, die sich in der Region bereits angesiedelt haben, können Synergien bestens genützt werden“.

Traditionelle Heilkunst modern weiterentwickeln

Die Wirkstoffe von Pflanzen sind schon seit Anbeginn der Zivilisation bei der Heilung eingesetzt worden und Grundlage der chinesischen Medizin und von Ayurveda. Weltweit gibt es ungefähr 500.000 Pflanzenarten von denen derzeit zirka 70.000 bei der Herstellung von Arzneimitteln eine Rolle spielen. Hier besteht noch ein großer Forschungsbedarf. Prof. Popp verglich dabei die Heilmittel auch mit der Weinherstellung. Nur weil zwei Pflanzen gleich heißen, ist deren Wirkungskraft und deren Qualität nicht notwendigerweise gleich gut. Um die Qualität zu sichern bedarf es einer entsprechenden Kultivierung und auch wissenschaftlich unterstützten Züchtung. Ein Grund dafür, dass Bionorica hier aktiv ist und den Anbau der Heilpflanzen im Rahmen des Qualitätsmanagements genau überwacht und steuert. Schon bald könnte es somit auch einen kontrollierten Anbau gewisser Heilpflanzen in Tirol geben.

Tirol sehr konkurrenzfähig

Neben Tirol waren auch das Burgenland und Wien sehr stark an der Ansiedelung dieses Forschungsunternehmens interessiert. Ein wichtiger Grund bei der Entscheidung für Innsbruck war für Popp die lange erfolgreiche Zusammenarbeit mit Innsbrucker Wissenschaftlern. In den vergangenen 15 Jahren sind bereits mehr als 1,3 Mio. Euro im Rahmen von Drittmittelprojekten in die Forschung der Innsbrucker Universitäten geflossen. Sehr eng arbeitet Popp dabei mit dem Institut für Analytische Chemie und Radiochemie und Prof. Günther Bonn zusammen, wo er selbst promovierte und auch seine Habilitationsschrift verfasste. Die Bionorica AG als Mutter des neuen Forschungsunternehmens legt ihr Hauptaugenmerk auf die Bereiche Atemwegserkrankungen, Gynäkologie und Schmerzbekämpfung. Hier sollen nun in Innsbruck neue Wege erforscht und entsprechende pflanzliche Arzneimittel entwickelt werden. Bei der Indikation Schmerzbekämpfung Spastizität setzt die Bionorica Research GmbH auf Dronabinol, dem verkehrsfähigen Wirkstoff aus der Cannabis-Pflanze. Dieser Wirkstoff ermöglicht völlig neue begleitende Therapiekonzepte bei Patienten, die unter chronischem (neuropathischem) Schmerz leiden, aber auch bei Menschen mit Krebs, AIDS oder Multipler Sklerose. Pilot-Studien sind im Laufen. Schon spätestens 2006 will die Bionorica Research GmbH in diesem Bereich einen entsprechenden Zulassungsantrag für pflanzliche Arzneimittel gegen Chemotherapie-bedingtes Erbrechen sowie Anorexie bei AIDS-Patienten, die mit oft massivem Gewichtsverlust einhergeht, stellen.

Gute Kooperationsmöglichkeiten

Die Bionorica Research GmbH wird von Dr. Eberhard Pirich geleitet. Ihm werden zunächst drei Mitarbeitern zur Seite stehen. Außerdem ist geplant, an den beteiligten Instituten bis 2006 sechs Stellen für DissertantInnen sowie Post-Docs zu schaffen. Das soll auch ein „Abwandern“ von jungen österreichischen Wissenschaftern ins Ausland verhindern. Mit der Gründung der Bionorica Research GmbH gewinnt aber nicht nur der Standort Innsbruck an Forschungsexpertise, sondern es werden auch die Universitätskliniken durch die Vergabe von klinischen Studien profitieren. Mittelfristig plant Bionorica im Forschungsbereich Investitionen von sieben bis zehn Millionen Euro, von denen der Löwenanteil nach Österreich fließen könnte.

Phytopharmaka-Forschung mit Tradition

Die deutsche Bionorica AG ist ein über 70 Jahre altes mittelständisches Familienunternehmen, das mit rund 350 MitarbeiterInnen in Deutschland und 170 in weiteren Ländern im Jahr 2004 einen Umsatz von 63 Millionen Euro erwirtschaftete. Durch mehr als 280 Zulassungen von Bionorica-Arzneimitteln weltweit kann das Unternehmen am gesamten Weltmarkt agieren. Grundlage des Erfolgs bildet dabei das Medikament Sinupret, das bei Entzündungen der Nasennebenhöhlen eingesetzt wird. 13 Prozent des Umsatzes fließen in die Forschung zurück.