Auszeichnung für neues Behandlungskonzept
Eine Dissertation aus dem interdisziplinären stereotaktischen Interventions- und Planungslabor (SIP-Labor) an der von Prof. Werner Jaschke geleiteten Uniklinik für Radiodiagnostik wurde mit dem Eduard Wallnöfer Anerkennungspreis für Forschungs- und Studienprojekte ausgezeichnet. Mit einem neuen kostengünstigen Verfahren können Zahnimplantate einfach und exakt platziert werden.
Anfänglich wurden Zahnimplantate dort gesetzt, wo am meisten Knochen vorhanden war ohne ausreichende Berücksichtigung der funktionell und ästhetisch optimalen Position. Für ein modernes Behandlungskonzept mit einem computerunterstützten Verfahren wurden Dr. Gerlig Widmann und sein Bruder, der Zahntechniker Roland Widmann, mit dem Eduard-Wallnöfer Anerkennungspreis für Forschungs- und Studienprojekte ausgezeichnet. Das neue Konzept, das unter der Leitung von Prof. Reto Bale erarbeitet wurde, erlaubt die Anwendung von konventionellen Navigationssystemen, wie sie für neurochirurgische und orthopädische Eingriffe verwendete werden, für die präzise Platzierung von Zahnimplantaten über ein Schablonensystem, die so genannte Image Guided Template Production (IGTP). Durch die erhöhte Präzision des Eingriffs soll die Qualität steigen und das Operationsrisiko verringert werden. Die neue Methode wurde in Zusammenarbeit mit zwei niedergelassenen Zahnärzten in Tirol (Dr. Ekkehard Widmann) und Bayern (Dr. Thomas Rieger) bereits bei fünf Patienten erfolgreich angewendet. Über entsprechende Software erfolgt eine dreidimensionale Rekonstruktion des Kiefers. Kritische anatomische Strukturen wie die Kieferhöhle und der Unterkiefernerv werden exakt dargestellt. Mit ausreichendem Sicherheitsabstand und bester Ausnutzung des vorhandenen Knochenangebots lassen sich Implantate am Computer räumlich optimal planen. Um die Computerplanung präzise auf den Operationssitus zu übertragen, wurden Navigationssysteme und Bohrschablonentechniken adaptiert.
Bohrschablone für Zahnärzte
Für die Herstellung einer Bohrschablone kommt der Patient zunächst zum Zahnarzt, dieser nimmt Abdrücke von Oberkiefer und Unterkiefer und erstellt ein Bissregistrat. Der Zahntechniker stellt die Gipsmodelle über das Bissregistrat in einen Artikulator (das Kauorgan simulierender Apparat) und fertigt eine Wachs-Rekonstruktion der fehlenden Zähne sowie eine passgenaue Kunststoffschablone an, die später in die chirurgische Schablone umgewandelt wird. Das Gipsmodell, die Wachs-Rekonstruktion und die vorgefertigte Schablone werden dann ins SIP-Labor geschickt. Ohne den Patienten kann dann über die Führung im Artikulator ein Vogele-Bale-Hohner (VBH)-Registrierungsmundstück mit Abdrücken von Oberkiefer und Unterkiefer versehen werden. Die Computertomographie des Patienten wird mit dem Mundstück und einem daran befestigten Referenzrahmen durchgeführt. Im SIP-Labor werden gemeinsam mit dem Zahnarzt die Implantate dreidimensional geplant und über das Navigationssystem in die Bohrschablone umgesetzt. Der Zahnarzt bekommt die Schablone zugeschickt und führt die Operation mithilfe der exakten Bohrschablone durch.
Implantate in einem Tag
Für die Anwendung des vorgestellten Konzeptes zur computerassistierten Herstellung von Bohrschablonen müssen Zahnärzte und Zahntechniker und indirekt damit auch der Patient keine teuren Hard- und Softwarekomponenten erwerben. Die bestehende Ausrüstung der Universitätsklinik Innsbruck konnte mit nur minimalen Zusatzkosten erfolgreich übernommen werden. In einem interdisziplinären Teamansatz wurde state of the art Implantologie so nah wie möglich am Standardverfahren integriert. Radiodiagnostische Planungsschablonen, Referenzschablonen oder Modifikationen des Standardgipsmodells sind im Gegensatz zu anderen Techniken nicht notwendig. Über die hergestellten Schablonen wurden Genauigkeiten erzielt, die im absoluten Spitzenfeld bestehender Entwicklungen liegen. Mit dieser Technik kann in ausgewählten Fällen ein Sofortbelastungskonzept realisiert werden. Das heißt, dass der Zahnarzt durch die genaue Planung und schablonengestützte Umsetzung minimal-invasiv durch die Schleimhaut durchbohren und eine provisorische Restauration unmittelbar im Anschluss an die Operation aufsetzen kann (Implantate in einem Tag). Die Verwirklichung des vorgestellten Konzepts in einem landesweiten Planungszentrum ermöglicht die Integration von computerassistierter Implantologie in die Privatpraxis mit vorteilhaftem Kosten-Nutzen Verhältnis.