Nanomedizin eröffnet neue Chancen
Neben der Biotechnologie gehört die Nanotechnologie zu den zukunftsträchtigsten Technologien des 21. Jahrhunderts. Sie erschließt der Wissenschaft die Welt der allerkleinsten Dinge, ist doch ein Nanometer der millionste Teil eines Millimeters. Gestern wurde ein westösterreichisches Forschungsnetzwerk für Nanotechnologie vorgestellt, an dem auch die Medizinische Universität beteiligt ist.
Im breiten interdisziplinären Bereich der Nanotechnologie etabliert sich derzeit getragen von einem dynamischen Innovationsschub zunehmend die Nanobiotechnologie und Nanomedizin. Um die verschiedenen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte im Bereich von Nano in Westösterreich zusammenzufassen und zu koordinieren, haben sich nun die beiden Innsbrucker Universitäten gemeinsam mit den entsprechenden Unternehmen, Forschungsinstituten und Kompetenzzentren zur Plattform W INN (Westösterreichische Initiative für Nanonetzwerke) zusammengeschlossen. Für Forschung und Wirtschaft wird die Nanotechnologie immer wichtiger und auch die Nanomedizin gewinnt stetig an Bedeutung, so Rektor Prof. Hans Grunicke im Rahmen der gestrigen Präsentation. Das gemeinsame Netzwerk zeige auch, dass die lebenswichtigen Verbindungen zwischen den nun eigenständigen Innsbrucker Universitäten nicht durchgetrennt worden sind. Es sei vielmehr ein Zeichen der gegenseitigen Verbundenheit und auch Abhängigkeit, so Grunicke. LFU-Rektor Manfried Gantner betonte, dass auch der Transfer zwischen Praxis und Wissenschaft verstärkt gefördert werden müsse. Dies ist ganz im Sinne des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, dessen stellvertretender Vorsitzender, Prof. Günther Bonn, die Bemühungen der Regierung in diesem Bereich hervorhob. Obmann des Vereins W INN ist Prof. Walter Pfaller vom Institut für Physiologie der Medizinischen Universität.
Medizin des 21. Jahrhunderts
Nanomedizin umfasst die medizinische Behandlung auf der Ebene einzelner Moleküle oder Molekülkomplexe, die für die Struktur unserer Zellen, deren dynamisches Gleichgewicht, die dazugehörigen Kontroll- und Signalsysteme sowie deren Beweglichkeit verantwortlich sind. Die in den vergangenen Jahren erzielten Fortschritte geben der Nanomedizin besonderes Gewicht. So wurden bildgebende Verfahren entwickelt, die die Auflösung von Strukturen im Nanometer-Bereich ermöglichen. Hochgeschwindigkeits-Messtechniken zur Erfassung ihres dynamischen Verhaltens wurden ebenso entwickelt wie Verfahren, die die Bestimmung der Kräfte erlauben, die von molekularen Maschinen erzeugt werden oder die nötig sind, um diese wieder zu stoppen.
Gute Voraussetzungen in Innsbruck
Diese Fortschritte werden auf biologischer Seite ergänzt durch erweiterte Kenntnisse des menschlichen Genoms, ein besseres Verstehen der molekularen Mechanismen, die zu bestimmten Erkrankungen führen, den Bedarf an spezifischeren und gezielteren Therapiemaßnahmen und den Wunsch das gestörte dynamische Verhalten von bestimmten Teilen der Nanomaschinerie von Körperzellen im Kontext mit der Gesamtmaschine "Zelle" zu verstehen. Hier liegen unter anderem auch die Anknüpfungspunkte zu den leistungsfähigen Forschungsbereichen der Medizinischen Universität Innsbruck im Bereich der Physiologie, dem neuen Biozentrum, dem Spezialforschungsbereich Zellproliferation und Zelltod in Tumoren, der kürzlich eingerichteten Gene Discovery Core Facility sowie den wissenschaftlichen Arbeitsgruppen im Bereich der Krebsforschung und der Wiederherstellungschirurgie.
Chancen für die Zukunft
Das Ziel der Bio-Nanomedizin für die Zukunft muss sein, die biologischen Systeme in Zellen durch nanotechnisch erzeugte Systeme (Moleküle, Maschinen, Nano-Roboter) so gezielt zu manipulieren, dass krankheitserzeugende Dysfunktionen wieder repariert werden. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf den Protein-Protein Interaktionen, der gezielten Manipulation der DNA und dem gezielten Einbringen von Pharmaka in bestimmte Zellen oder sogar Zellorganellen liegen müssen. Ebenso wichtig wird auch die genaue Kenntnis der Interaktion von Biomolekülen und anorganischen Nanostrukturen an Grenzflächen sein. Dies zu verstehen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für neue Implantationstechnologien im Bereich der Orthopädie, der Zahnmedizin, der Wiederherstellungschirurgie oder der Dermatologie.
Der Blick in die Zukunft lässt die medizinischen Möglichkeiten der Nanotechnologie derzeit nur erahnen: Nano-robotische Systeme, die in Echtzeit riesige Messdatenmengen übermitteln können, werden die medizinische Diagnostik revolutionieren und Bio-Nanosensoren werden helfen, Fehlfunktionen bestimmter Sinnesorgane teilweise oder sogar vollständig wiederherzustellen.