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Charakterbildung bei Kalziumkanälen

Unser Körper besitzt eine Vielzahl von spannungsaktivierten Kalziumkanälen, die sich durch spezifische Kanaleigenschaften und ihre Expression in verschiedenen Geweben unterscheiden. Innsbrucker Physiologen um Prof. Bernhard Flucher und Dr. Gerald Obermair entdeckten jenen molekularen Mechanismus, der die Charakteristika von Kalziumströmen im Skelettmuskel bestimmt.

Noch weiß niemand so recht, wozu die langsam aktivierenden Kalziumströme in Skelettmuskeln gut sind, aber durch die jüngsten Ergebnisse des Forscherteams um Prof. Flucher und Dr. Obermair verstehen wir nun, wie sie zustande kommen. Der spannungsaktivierte Kalziumkanal ist der primäre Schalter für die Muskelkontraktion. Sobald ein elektrisches Signal den Muskel erreicht, triggert der Kalziumkanal die intrazelluläre Freisetzung von Kalzium und aktiviert somit die Kontraktion. Während der Kalziumeinstrom im Herzmuskel schnell aktiviert und für die Kontraktion ausschlaggebend ist, aktiviert der Kalziumstrom im Skelettmuskel langsam und ist für die Kontraktion entbehrlich.

Der perfekte Partner

Was macht nun den Kalziumstrom im Herzen schnell und im Skelettmuskel langsam? Beide Gewebe besitzen spezifische Varianten des eigentlichen Kanalproteins, aber auch ein gemeinsames zusätzliches Kanalprotein, die alpha(2)delta-1 Untereinheit. In einem vom österreichischen Forschungsfonds (FWF) und von der EU geförderten Forschungsprojekt haben die Innsbrucker Physiologen nun experimentell die Produktion dieses Proteins in Muskelzellen unterbunden. Dadurch verlor die Kanalvariante des Skelettmuskels ihre langsame, und jene des Herzmuskels ihre schnelle Aktivierungseigenschaft. Diese unerwarteten Befunde zeigen, dass die jeweiligen Kanäle selbst die Anlagen für ihre charakteristischen Eigenschaften besitzen, diese aber nur dann zum Ausdruck kommen, wenn sie mit ihrem Partner, der alpha(2)delta-1 Untereinheit, assoziiert sind.

Selektive Wirkung

Die unterschiedlichen Wirkungen des alpha(2)delta-1 Proteins auf verschiedene Kanalvarianten erklären auch die selektive Wirkung von Gabapentin und Pregabalin. Diese Medikamente wirken auf die alpha(2)delta-1 Untereinheit und werden zur Therapie von neuralgischen Schmerzen eingesetzt. Nebenwirkungen auf die Muskelfunktion sind nicht bekannt. Letzteres passt gut zu den neuen Befunden aus Innsbruck, die demonstrieren, dass ein Fehlen der alpha(2)delta-1 Kanaluntereinheit keine Auswirkungen auf die normale Funktion des Skelettmuskels hat. Offensichtlich sind für die pharmakologische Wirkung von Gabapentin und Pregabalin spezifische Effekte von alpha(2)delta-1 auf neuronale Kalziumkanäle verantwortlich. Welchen Einfluss die alpha(2)delta-1 Untereinheit auf Kalziumkanäle im Nervensystem besitzt, ist derzeit Gegenstand intensiver Untersuchungen.