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Der Anziehungskraft von Secretoneurin auf der Spur

Unzureichende Durchblutung kommt bei vielen Krankheiten vor. Früher glaubte man, dass sich im Erwachsenen nur Blut ständig neu bildet, nicht aber Blutgefäße. Inzwischen weiß man es besser, nicht zuletzt dank Innsbrucker Forschung. Das aktuelle Secretoneurin (SN) Projekt des Pharmakologischen Instituts und der Uniklinik für Innere Medizin untersucht die Rolle von SN in diesen Prozessen genauer.

Ischämie, so der Fachausdruck für Minderdurchblutung, tritt z.B. im Raucherbein oder bei schwerem Diabetes auf, aber auch ein solider Tumor ist ischämisch. Das unterversorgte Gewebe gibt jeweils SN ab. Dieses kleine Peptid führt zum Wachstum von Blutgefäßen, ein Prozess, der als Angiogenese bezeichnet wird, und zieht Stammzellen an, die Blutgefäße neu bilden (Vasculogenese). Doch nicht immer ist diese Eigenschaft erwünscht: beim Tumor wäre es gut zu wissen, wie man eine bessere Durchblutung verhindert. Die neueste Forschung von Prof. Rudolf Kirchmair und Prof. Reiner Fischer-Colbrie könnte dafür wertvolle Aufschlüsse liefern.

Perfekte Ergänzung

Der Pharmakologe Fischer-Colbrie erforscht seit Jahren die Proteingruppe der Chromogranine, zu der auch das SN gehört, und kann auf wertvollen Entdeckungen aus früheren Untersuchungen aufbauen. Er zeigt sich hoch erfreut über die langjährige gute Zusammenarbeit zwischen der Pharmakologie und den Kliniken, besonders der Inneren Medizin unter Prof. Josef Patsch, der Urologie unter Prof. Georg Bartsch und der Psychiatrie, z.B. mit Prof. Alois Saria, sowie der Augenklinik mit Prof. Josef Troger. Aus pharmakologischer Sicht geht es dabei um Fragen wie: Wo kommt SN vor? Wie wird es freigesetzt? Mit welchem Rezeptor arbeitet es zusammen? Die Ärzte hingegen interessiert vor allem die Funktion von SN im Körper. Schon 1993 hatte Prof. Saria entdeckt, dass SN im Gehirn den Botenstoff Dopamin freisetzt. Fehlt dieser, kommt es zur Parkinsonschen Krankheit. Ebenfalls in den 1990er Jahren entdeckten der Innsbrucker Internist Prof. Christian Wiedermann und der Wiener Neurologe Prof. Hans Lassmann, dass SN Immunzellen anzieht. SN funktioniert daher als wichtiger Marker bei neurogenen Entzündungen. Vor kurzem nun entdeckten die Internisten Prof. Kirchmair und Doz. Peter Schratzberger eine weitere Funktion: SN ist für die Angiogenese genau so potent wie der bereits bekannte Faktor VEGF. In der Stammzellentherapie wird bereits mit Blutgefäß-Vorläuferzellen gearbeitet, um Blutgefäße zu regenerieren. Und dank dieser Forschung weiß man nun auch, dass SN solche Blutgefäß-Vorläuferzellen anzieht.

Neue Erkenntnisse – neue Fragen

Prof. Kirchmair hat erste Ergebnisse über die Rolle von SN in der Angiogenese in zwei Artikeln in der Zeitschrift der American Heart Association veröffentlicht. Im gerade angelaufenen SN-Projekt geht es um weitere Grundlagenforschung, denn gerade bezüglich des Rezeptors für SN sind noch viele Fragen offen. Was für ein Protein ist das? Und mit Blick auf eine mögliche Krebstherapie läuft die Suche nach Faktoren, die die angiogenetische Wirkung von SN verhindern und so dem Tumor, z.B. einem Prostatakarzinom, die für das Wachstum notwendige Blutzufuhr vorenthalten. Außerdem ist geplant, den Effekt von SN in der Therapie von Durchblutungsstörungen zu untersuchen. Diese Therapie könnte bei schweren Erkrankungen, die durch Operation oder Angioplastie (Blutgefäßaufdehnung) nicht mehr behandelt werden können, eine Rolle spielen.