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Location matters! Besonders im Skelettmuskel

Bei der Muskelkontraktion aktiviert ein elektrisches Signal in wenigen Millisekunden den sprunghaften Anstieg der intrazellulären Kalziumkonzentration. Voraussetzung dafür ist die koordinierte räumliche Anordnung des Spannungssensors und des Kalzium- Freisetzungskanals im Erregungs-Kontraktions-Kopplungs Apparat. Forscher haben nun die molekularen Grundlagen dafür entdeckt.

Im Rahmen einer internationalen Kooperation entschlüsselten Prof. Bernhard Flucher vom Institut für Physiologie und Prof. Manfred Grabner vom Institut für Biochemische Pharmakologie die molekularen Grundlagen dieser einzigartigen subzellulären Organisation. Die Erregungs-Kontraktions (E-C) Kopplung im Muskel erfordert die enge Interaktion zweier Kalziumkanäle. Ein spannungsabhängiger Kalziumkanal in der Zellmembran (der Dihydropyridin (DHP)-Rezeptor) fungiert als Spannungssensor. Bei Erregung des Muskels nimmt er die Veränderung des Membranpotentials wahr und triggert darauf hin die Öffnung eines Kalzium-Freisetzungskanals (Ryanodinrezeptor; RyR). Durch diesen strömt nun Kalzium aus intrazellulären Speichern in das Cytosol und aktiviert die Muskelkontraktion. Anders als im Herzmuskel, erfolgt die Interaktion der beiden Kanäle im Skelettmuskel ohne Beteiligung eines chemischen Botenstoffs (Kalzium), sondern durch direkte Protein-Protein Wechselwirkungen. Im Einklang mit diesen unterschiedlichen Aktivierungsmechanismen unterscheidet sich die Anordnung der Spannungssensoren relativ zu den RyRs in beiden Organen in einem wesentlichen Detail. Während sich im Herzmuskel die Spannungssensoren ohne erkennbare Ordnung um die RyRs konzentrieren, sind im Skelettmuskel jeweils vier Spannungssensoren mit einem darunter liegenden Freisetzungskanal in direktem Kontakt. In früheren Arbeiten gelang es den beiden Innsbrucker Forscherteams jene Regionen im DHP-Rezeptor zu identifizieren, die an der funktionellen Interaktion mit dem RyR beteiligt sind. In der nun in der renommierten Zeitschrift „Molecular Biology of the Cell“ erschienenen Arbeit gehen die Wissenschaftler der Frage nach, ob dieselben molekularen Strukturen auch für die charakteristische Anordnung des Spannungssensors verantwortlich sind.

Gentherapie in der Kulturschale

Zur Untersuchung dieser Struktur-Funktions-Beziehung der E-C Kopplung verwendeten Flucher und Grabner ein einzigartiges zelluläres Modellsystem. Den Muskeln einer natürlichen Mausmutante – der dysgenen Maus – fehlt der DHP-Rezeptor. Sie können nicht kontrahieren und homozygote Mäuse sterben daher unmittelbar nach der Geburt an Atmungsversagen. In der Zellkultur kann das defekte Gen ersetzt und somit die normale Funktion des Muskels wieder hergestellt werden. Verwendet man dabei gentechnisch veränderte DHP-Rezeptoren, lassen sich deren Auswirkungen auf die molekulare Struktur und die Funktion der Muskelzellen untersuchen und somit verschiedene Funktionen des Kanal-Proteins spezifischen Sequenzabschnitten zuordnen.

Tetraden und Chimären

Mittels Gefrierbruch-Elektronenmikroskopie kann man die regelmäßige Anordnung des Skelettmuskel DHP-Rezeptors in Vierergruppen, so genannten Tetraden, eindeutig von der unregelmäßigen Anordnung des kardialen DHP-Rezeptors unterscheiden. Die Expression und Analyse von Chimären, bestehend aus Teilen von DHP-Rezeptoren mit unterschiedlichen Eigenschaften, in dysgenen Muskelzellen zeigte nun, dass die strukturelle und die funktionelle Interaktionen des Spannungssensors und des Freisetzungskanals durch überlappende, aber nicht identische Sequenzabschnitte bewerkstelligt wird.

E-C Kopplung und Krankheit

Dass die Proteine des E-C Kopplungs-Apparates wie Teile einer molekularen Maschine eng zusammen spielen, lässt sich auch daran erkennen, dass beim Menschen Mutationen im Spannungssensor als auch im Freisetzungskanal zum selben Krankheitsbild führen können. Die Erkenntnisse der jüngsten Arbeit aus Innsbruck verdeutlichen, dass auch Veränderungen der feinstrukturellen Organisation dieser Proteine zu schwersten Beeinträchtigungen der Muskelfunktion führen können.