Medizinische Universitäten im internationalen Wettbewerb
Beim Europäischen Forum Alpbach standen vergangene Woche die Technologie- und die Gesundheitsgespräche auf dem Programm. Dabei wurde auch über die Chancen und Herausforderungen der in Österreich neu gegründeten Medizinischen Universitäten im internationalen Kontext diskutiert. Außerdem wurde unter anderem über Ethikfragen der Genomforschung und ihrer Anwendungen gesprochen.
Das Universitätsgesetz 2002 schuf mit Anfang diesen Jahres drei unabhängige Medizinische Universitäten in Wien, Graz und Innsbruck. Die aus den Medizinischen Fakultäten hervorgegangenen Universitäten verfügen über volle gesetzliche Eigenverantwortung und sind mit einem breiten Spektrum von Möglichkeiten und Herausforderungen konfrontiert. Das Forum Alpbach hatte zu einem Erfahrungsaustausch mit Vertretern anderer europäischer Medizinhochschulen eingeladen. Rektor Prof. Hans Grunicke betonte dabei, dass es nach nur acht Monaten zu früh sei die Frage zu beantworten, ob diese Ausgliederungen vorteilhaft oder schädlich für die betroffenen Einrichtungen sein werden. Dennoch sei abzusehen, dass die Kosten-Nutzen-Rechnung in den ersten vier Jahren negativ sein wird. Danach böten sich aber gute Chancen diesen Trend umzukehren.
Kosten und Möglichkeiten
Auf der Kostenseite nannte Rektor Grunicke zunächst die finanziellen Folgen der Selbständigkeit: Zusätzliche Kosten für die Bewältigung administrativer Aufgaben, weitere Belastungen für das bestehende Personal zulasten von Forschung und Lehre sowie Ausgaben für den Aufbau einer eigenen Corporate Identity belasten das Budget der Universität. Die Gefährdung wichtiger wissenschaftlicher Kooperationen mit der Mutter-Universität und der Aufbau einer eigenen akademischen Reputation verursachen weitere Kosten. Andererseits biete die Neugründung aber auch die Chance effizientere Management-Strukturen aufzubauen und jene Zwänge zu vermeiden, die bisher durch den Verbund mit nichtmedizinischen Fakultäten bestanden. Auch die Möglichkeit selbst Tochterunternehmen zu gründen und eigene Einnahmen in Forschung und Lehre zu leiten können auf der Habenseite verbucht werden, so Grunicke. Die Neugestaltung der internen Organisation mit der Einrichtung interdisziplinärer Departments und projektorientierter Forschungseinheiten wurde ebenfalls ermöglicht.
Genomforschung und Ethik
Im Rahmen der Alpbacher Gesundheitsgespräche leitet Prof. Grunicke eine Diskussion zu Ethikfragen der Genomforschung und ihrer Anwendungen. Für den Wiener Medizin-Rechtsexperten Prof. Christian Kopetzki muss sich das Recht in diesen Fragen vor dem Transport von Wertvorstellungen hüten. Kopetzki verlangte bindende internationale Vereinbarungen, in denen dem Recht mit seinen klaren Regeln vor der Setzung von Werten Vorrang gegeben werde. Der Theologe Prof. Ulrich Körtner von der Universität Wien betonte, dass die moderne Biologie in hohem Maß durch technisches Denken geprägt sei und damit das menschliche Grundrecht auf Unvollkommenheit bedroht sei. Für den Vorsitzenden der Bioethik-Kommission, den Wiener Gynäkologe Prof. Johannes Huber, könnten neue Technologie die Situation noch komplizierter machen. Ohne Änderung der genetischen Erbsubstanz ließen sich Modifikationen in der Regulation von Genen durchführen. Diese "Epigenetik" könnte eine enorme Bedeutung erlangen. Eine Veränderung der Aktivierung von Genen während der Schwangerschaft könne einen heran wachsenden Organismus völlig verändern.