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Die Feinheiten der Interaktion von Gast und Wirt

Gast und Wirt sind Kürzel für die beiden Seiten in dem komplexen Kampf über mehrere Runden zwischen Krankheitserregern und dem menschlichen Organismus. Am Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin in der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie hat man sich auf die Erforschung dieses Zusammenspiels von Erreger und Abwehr spezialisiert.

Begonnen hat es Mitte der 1980er Jahre im Rahmen der Aidsforschung. Das Innsbrucker Hygieneinstitut hatte bereits Spezialkenntnisse über die angeborene Immunität, die einen wesentlichen Bestandteil der Abwehrstrategie des Körpers (Wirt) darstellt, gewonnen. Dann bat man sie, dieses Fachwissen in die Aids-Forschung einzubringen. Um die Interaktion zwischen der angeborenen Immunität des Wirtes und dem Aidsvirus (Gast) konsequent und intensiv weiter verfolgen zu können, wurde zusammen mit Univ.Prof. Dr. Helmut Wachter vom Institut für Medizinische Chemie das Ludwig-Boltzmann-Institut für AIDS-Forschung in Innsbruck gegründet. Heute weiß man dank dieser international beachteten Forschung wesentlich genauer, wie das Aidsvirus mit der angeborenen Immunität umgeht.

Komplementsystem

Wird der Organismus von Krankheitserregern angegriffen, reagiert die angeborene Immunität des Körpers mit einer Gegenoffensive, dem Komplementsystem. Dabei kommen etwa 40 Komponenten gestaffelt, also kaskadenartig, nacheinander und miteinander zum Einsatz und bilden schließlich einen Membranangriffskomplex, der die Erregerzelle zerstört. Das Forschungsteam um o.Univ.Prof. Dr. Manfred P. Dierich, der auch das Ludwig-Boltzmann-Institut für AIDS-Forschung leitet, konnte zeigen, dass das Aidsvirus beim Menschen jedoch fähig ist, sich mit Komplement zu umgeben und sich dennoch gegen den Angriff zu schützen. Mit Hilfe der an seiner Oberfläche gebundenen Komplementproteine dockt es vor allem an FDC genannten Zellen in den Lymphknoten an und ist so versteckt „geparkt“ mit Aidstherapien nicht greifbar. Das erklärt, wieso das Aidsvirus, auch wenn es unter einer erfolgreichen Aidstherapie so gebremst ist, dass man es im Blut gar nicht mehr nachweisen kann, bei Therapiestopp unweigerlich wieder ausbricht. Die Forschungsgruppe um Prof. Dierich hat nun Antikörper entwickelt, die das Virus von seinem „Parkplatz“ abdrängen. Wenn dieses Verdrängungsprinzip auch im Menschen angewendet werden kann, könnte eine Aidstherapie derart unterstützt wirklich restlos greifen. Prof. Dierich arbeitet dabei eng mit A.Univ.Prof. Dr. Fuchs vom Institut für Medizinische Chemie und Biochemie in Innsbruck, mit Prof. Kattinger von der Universität für Bodenkultur in Wien, Primarius Vetter an der Wiener Aidsstation, sowie in einem europäischen Konsortium mit Virologen in Deutschland, Italien und den USA zusammen.

Pionierarbeit in der Neopterinforschung

Neopterin ist ein Indikator der Aktivierung der zellulären Abwehr bei Viruserkrankungen und bildet einen weiteren Schwerpunkt der Forschung am Innsbrucker Department für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin. Prof. Wachter und seine Mitarbeiter, u.a. A.Univ.Prof. Dr. Dietmar Fuchs, fanden heraus, dass sich bei bakteriellen Infekten die Neopterinwerte im Blut nicht erhöhen, während sie bei Viruserkrankungen wie etwa bei Aids sofort ansteigen. Neopterin an sich ist also ein unspezifischer Indikator, wenn man nach bestimmten Krankheiten sucht, aber sehr nützlich, wenn es darum geht, relativ viele Erkrankungen von vorne herein auszuschließen oder einen konkreten Verdacht, etwa auf eine Aidserkrankung, zu erhärten bzw. zu widerlegen. Neopterin ist einfach nachweisbar und gehört heute zu den Routinetests bei allen Blutspendestellen. Hier hat das Innsbrucker Zentralinstitut für Bluttransfusion unter Leitung von Prim. Univ.Doz. Dr. Schönitzer Pionierarbeit geleistet und seit 1985 alle Tiroler Blutspender auf Neopterin getestet. Blut von Menschen mit erhöhten Neopterinwerten wurde sicherheitshalber nicht zur Blutspende verwendet. Nach zähen Verhandlungen wurde dieser hohe Sicherheitsstandard einige Jahre später für ganz Österreich verbindlich. Bluttransfusionen in Österreich sind also ganz besonders sicher; sie dürfen als die sichersten in der Welt gelten. Wären solche Standards in den USA generell im Blutspendewesen angewandt worden, dann würden so manche Menschen noch leben, die durch Transfusionen mit HIV-positivem Blut angesteckt wurden und später an Aids erkrankten.